Treffen im Vatikan Katholische Kirche will erneut gegen Missbrauch vorgehen

Rom · Drei Tage lang wird auf einem Gipfel im Vatikan über den Missbrauch von minderjährigen in der katholischen Kirche diskutiert. Vor dem Treffen hat Papst Franziskus schon einmal ein Zeichen gesetzt.

 Ein Bild aus besseren Tagen: Papst Franziskus begrüßt seinen Vertrauten Theodore McCarrick bei einem Besuch 2015 in Washington. FOTO: AFP

Ein Bild aus besseren Tagen: Papst Franziskus begrüßt seinen Vertrauten Theodore McCarrick bei einem Besuch 2015 in Washington. FOTO: AFP

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Es ist das erste Treffen dieser Art, das ab Donnerstag im Vatikan beginnt. Dreieinhalb Tage lang treffen sich die Vorsitzenden der 113 katholischen Bischofskonferenzen, der Ostkirchen, Ordensobere, die Chefs der Kurienbehörden und Papst Franziskus, um über den Umgang mit sexuellem Missbrauch von Minderjährigen in der Kirche zu diskutieren. Die Organisatoren rechnen mit gut 180 Teilnehmern. Nie zuvor hat sich die Führung der katholischen Kirche mit diesem Thema so gezielt auseinander gesetzt. Vor allem die Enthüllungen in Chile und in den USA hatten den Papst und seine Berater dazu bewogen, das Thema Missbrauch in der gesamten Kirche nun frontal anzugehen.

Am Wochenende setzte Franziskus schon einmal ein Zeichen. Er entließ den ehemaligen Erzbischof von Washington und früheren Vertrauten, Theodore McCarrick, aus dem Priesterstand. Der 88-Jährige, dem Franziskus bereits im Juli die Kardinalswürde aberkannt hatte, sei in einer Untersuchung der Glaubenskongregation des sexuellen Fehlverhaltens für schuldig befunden worden. Wie es heißt, habe McCarrick in den 1980er und 90er Jahren als Bischof in den USA mehrere Minderjährige und Priesteramtskandidaten sexuell missbraucht. McCarrick ist der bislang höchste katholische Kleriker, der in den Laienstand versetzt wurde. Im Vatikan wird darauf hingewiesen, der Papst wolle mit der Entscheidung seine Linie der „null Toleranz“ im Hinblick auf Missbrauch untermauern.

Bischofstreffen wirkt kurz

Angesichts der Größe und Bedeutung des Themas wirkt das Bischofstreffen kurz. Zu Beginn der Konferenz mit dem unverfänglich klingenden Titel „Der Schutz von Minderjährigen in der Kirche“ sollen den Teilnehmern per Video Aussagen von Betroffenen aus allen Kontinenten der Welt vorgespielt werden. Auch während der Konferenz werden Opfer zu Wort kommen, Opferverbände planen Konferenzen und Mahnwachen in der Stadt. Papst Franziskus hatte die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen vor dem Treffen aufgefordert, Betroffene zu persönlichen Gesprächen zu treffen. So sollten auch diejenigen Bischöfe sensibilisiert werden, in deren Kulturkreisen man immer noch nicht über sexuellen Missbrauch spricht.

Wie groß die Unterschiede weltweit bei der Wahrnehmung des Themas sind, war bei der Bischofssynode zum Thema Jugend im Oktober sichtbar, als sich vor allem Bischöfe aus Afrika und Asien, aber auch aus Italien dagegen wehrten, die Formulierung „null Toleranz“ im Hinblick auf Missbrauch in das Abschlussdokument aufzunehmen. „Sexueller Missbrauch ist nicht nur ein europäisches, angelsächsisches oder westliches Problem, sondern kommt auf der ganzen Welt vor, auch dort, wo nicht darüber gesprochen wird“, sagt der deutsche Jesuit und Psychologe Hans Zollner, der das Kinderschutzzentrum an der päpstlichen Universität Gregoriana leitet. Er ist einer der Organisatoren der Konferenz.

Erwartungen sind hoch

Die Erwartungen an das Treffen, das 18 Jahre nach den ersten großen Enthüllungen in den USA stattfindet, sind hoch. Die Männer des Papstes versuchen deshalb die „übersteigerte Erwartungshaltung“ der Öffentlichkeit an die Konferenz kenntlich zu machen. „Wenn einer denkt, in dreieinhalb Tagen könne man das Problem definitiv lösen, ist das realitätsfern“, sagt Pater Federico Lombardi. Der ehemalige Vatikansprecher moderiert die Veranstaltung, die im Plenum, aber auch in Sprachgruppen stattfinden wird und dem von Franziskus bevorzugten Diskussionsformat einer Synode ähnelt. Experten, darunter Kardinäle, Bischöfe, aber auch Laien werden Referate halten. Ein Abschlussbericht mit konkreten Zielen, Forderungen oder Anordnungen ist allerdings nicht zu erwarten.

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