Merkel besucht Trump Kühle Begegnung in Washington

WASHINGTON · Beim Treffen von Angela Merkel und Donald Trump sind beide bemüht, Distanz zu halten. Der US-Präsident verweigert der Kanzlerin zunächst den Anschlag und kanzelt später eine deutsche Journalistin ab.

 Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Trump unterhalten sich im Weißen Haus.

Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Trump unterhalten sich im Weißen Haus.

Foto: Michael Kappeler

Wenn Staats- und Regierungschefs zu Besuch ins Weiße Haus kommen, gehört es zu den Ritualen, dass der US-Präsident mit seinem Gast kurz die Presse im Oval Office empfängt. Man plaudert ungezwungen, lächelt viel und gibt sich für die Fotografen die Hand. Ungezwungen gelang der Auftritt von Merkel und Trump aber nicht. Sie lächelten wenig.

Die Fotografen forderten mehrfach zum Handshake auf, Merkel schaute zu Trump, war bereit, ihm die Hand zu geben. Doch der reagierte nicht. Eine knappe halbe Stunde hatten sie da schon miteinander verbracht.

Trump reagiert nicht auf Merkel

Bei der Pressekonferenz einige Gesprächsrunden später versichert Trump, die Gespräche seien "produktiv" gewesen. Dabei gibt es im Übrigen doch noch den Handschlag für die Fotografen. Merkel spricht von einem "guten, offenen, intensiven Austausch". Dabei stehen beide distanziert nebeneinander, sichtlich bemüht, ihre Gegensätzlichkeiten nicht auf offener Bühne auszutragen. Merkel signalisiert Trump, dass sie ihn irgendwie versteht, indem sie immer wieder das Wort "fair" einstreut.

Zugleich erklärt sie ihm, dass sie zwei Staatenlenker mit unterschiedlichen Interessen seien. "Jeder erwartet von seinem Regierungschef, dass etwas Gutes für die Menschen herauskommt." Sie muss Trump darüber belehren, dass nicht Deutschland Handelsverträge mit den USA abschließt, sondern dass die Deutschen ihre "Kompetenzen an die EU abgegeben" hätten. Trump betont, dass er kein Isolationist sei und für Freihandel. Beide bleiben in ihrer Welt.

Es sei besser, miteinander als übereinander zu reden, hatte Merkel noch Anfang der Woche gesagt. Dann musste sich die Kanzlerin noch einmal drei Tage gedulden, weil sie in den USA wegen eines Schneesturms nicht empfangen werden konnte. Am Freitag strahlte die Sonne über Washington. Merkel traf Trump bei Tauwetter - kühl war die Atmosphäre dennoch. "Sie ist die Eiskönigin", sagte ein US-Journalist nach der Pressekonferenz über Merkel, und meinte das anerkennend. Sie könne Leuten die Meinung sagen, ohne sie bloßzustellen.

Merkel beließ es aber nicht dabei, den impulsiven Trump nicht zu reizen. Sie kam ihm auch inhaltlich entgegen. So versicherte sie abermals, dass die Deutschen künftig mehr für Verteidigung ausgeben werden - bis 2024 sollen es zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts werden. Aktuell sind es 1,3 Prozent. Beide unterstrichen, dass sie im Kampf gegen den IS weiter zusammenarbeiten wollten. Trump seinerseits gab Merkel Rückendeckung für ihre Ukraine-Politik.

Korrespondentin sorgt für Stimmung

Stimmung kommt bei Trump üblicherweise auf, wenn Journalisten Fragen stellen dürfen. Unangenehme Fragen lässt er an sich abprallen. Als ihn dpa-Korrespondentin Kristina Dunz mit seinen offensichtlichen Lügen konfrontiert, sagt er erst ironisch, das sei eine besonders freundliche Reporterin, um ihr dann vorzuwerfen, sie lese Zeitungen mit "Fake News".

Bei dem Besuch gab es zunächst ein Vier-Augen-Gespräch, was bei einem Antrittsbesuch als eher ungewöhnlich gilt. Anschließend kamen die politischen Berater dazu, bevor sich Trump und Merkel mit Wirtschaftsvertretern trafen. Der konstruktivste Teil des Tages: Aus Deutschland dabei sind Siemens-Chef Joe Kaeser, der BMW-Vorstandsvorsitzende Harald Krüger und Klaus Rosenfeld, Chef des Autozulieferers Schaeffler. Von der amerikanischen Seite kommen IBM-Chefin Virginia Rometty sowie die Unternehmensführer von Dow Chemical, Andrew Liveris, und Sales Force, Marc Benioff. In der Runde ging es um das duale Ausbildungssystem. Trump und die amerikanischen Unternehmen zeigten sich angetan vom deutschen dualen Ausbildungssystem.

Trumps Tochter Ivanka, die mit am Tisch saß, soll nun ein Programm entwickeln, ein ähnliches Prinzip in den USA zu installieren. Merkel hatte dieses Thema gewählt, um den Austausch über Wirtschaftsthemen nicht auf deutsche Exportüberschüsse zu beschränken. So geriet die Runde auch zu einer Verteidigung der deutschen Wirtschaft. BMW-Chef Krüger verwies darauf, dass von den in den USA produzierten Autos 70 Prozent exportiert würden - was wiederum die amerikanische Exportbilanz verbessere.

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