Durchbruch erzielt? Juncker und Trump vor Einigung im Handelsstreit

WASHINGTON · Die Erwartungen an das Spitzentreffen waren äußerst gering. Doch dann gibt es auf ein Mal einen Durchbruch. Ist der Handelskonflikt zwischen der EU und den USA damit schon vorbei?

Donald Trump (r.) und Jean-Claude Juncker.

Donald Trump (r.) und Jean-Claude Juncker.

Foto: ap

Unerwartete Entspannung in einem unerwarteten Moment: Im sich aufschauklenden Handelskrieg zwischen den USA und der Europäischen Union zeichnet sich erstmals ein Szenario ab, in dem eine Eskalation mit wechselseitigen Strafzöllen abgewendet werden kann.

Nach ihrem Treffen am Mittwochnachmittag in Washington stellten sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident überraschend im Rosengarten des Weißen Hauses den Medien und gaben den Rahmen für eine vorläufige Einigung bekannt, deren Belastbarkeit sich noch in Detail-Verhandlungen beweisen muss.

Die Überschrift kam von Gastgeber Trump: „Wir haben eine neue Phase in de Beziehungen zwischen Amerika und Europa eingeleitet.“ Danach verkündete Trump, dass man sich darauf verständigt habe, einen breiten Verhandungsprozess einzuleiten, der ein Ziel anpeilt: den vollständigen Abbau von Zöllen auf Industrieprodukte auf beiden Seiten des Atlantiks.

Drohungen wie die Erhebung von Strafzöllen auf Autos aus der EU wiederholte Trump nicht mehr, sprach dagegen von einem „großen Tag für den freien Handel“ zwischen zwei Blöcken, die mit 830 Millionen Einwohnern für 50 % des Welthandels stünden.

Als Zugeständnisse, die Trump Juncker abverhandelt haben will, nannte der Präsident, dass die EU „ ab sofort“ große Mengen Sojabohnen von US-Landwirten kaufen wird. Auch werde die EU ein „großer Bezieher“ von Flüssiggas (LNG) aus Amerika. Des weiteren werde daran gearbeitet, an breiter Front „bürokratische Hürden“ abzubauen. Im Zuge dieses Prozesses würde auch das bestehende Problem der (von den USA) verhängten Zölle auf Stahl und Aluminium und die entsprechenden Vergeltungszölle der EU etwa auf Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder „gelöst“. Details und Zeitrahmen nannte Trump nicht.

Juncker erleichtert und zufrieden

Juncker zeigte sich erleichtert und zufrieden: „Ich hatte heute eine Absicht. Ich wollte heute einen Deal machen. Und wir haben heute einen Deal gemacht.“ Der Kommissionspräsident bestätigte die Richtung der Verhandlungen: Absenkung der Zölle auf Industrieprodukte auf Null. An den US-Börsen wurde der Schritt umgehend positiv aufgenommen.

Bereits nach Beendigung des Gespräches, an dem auch EU-Wettbewerbskommissarin Cecilia Malmström teilnahm, war über den TV-Sender CNBC, bei der zuletzt Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow beschäftigt war, die Nachrichtenagentur Dow Jones und das Wall Street Journal durchgesickert, dass Trump Bereitschaft gezeigt habe, auf die angedrohten Zölle auf Autos aus EU-Ländern bis auf weiteres zu verzichten - wenn die Europäische Union im Umkehrschluss bestimmte Industriezölle senkt, mehr Soja aus den USA importiert (was die Bauern entlastet, die wegen des Streits mit China gerade ihren Hauptabnehmer verlieren) und zu weiteren Zugeständnissen bereit sein würde.

Trumps verbale Abkehr von der seit Monaten gehandelten Strafzoll-Schraube für Pkw aus Europa, die vor allem für deutsche Hersteller ein milliardenschwerer Schlag ins Kontor geworden wäre, kommt überraschend. Noch am Vorabend bei einer Wahlveranstaltung in Kansas hatte Trump Europa, das vorher als „Feind“ identifiziert worden war, einmal mehr beschuldigt, „unglaublich schlecht“ mit den USA umzugehen.

Trump verzichtet auf Provokationen

Passend dazu hatte die Washington Post am Mittwoch berichtet, dass der Präsident noch vor den Zwischenwahlen im Kongress im November auf die Einfuhr von europäischen Autos Zölle bis zu 25 % verhängen würde. Darauf hatte das demokratisch-republikanische Senatoren-Duo Doug Jones/Lamar Alexander einen Gesetzentwurf eingebracht, der Trump solange in dieser Frage knebeln würde, bis die Handelskommission ITC die Situation auf dem amerikanischen Automobilmarkt umfassend untersucht hat. „Es geht darum, Zeit zu gewinnen“, sagten Insider aus dem Umfeld der erfahrenen Parlamentarier.

Anders als in den vergangen Tagen verzichtete Trump zum Auftakt des Gesprächs mit dem Luxemburger auf Spitzen und Provokationen. Er nannte Juncker „smart“ und „zäh“ und gab der Hoffnung Ausdruck, etwas „sehr Positives“ für beide Seiten ausverhandeln zu können. Juncker wiederum erklärte, dass Europa und die USA mehr miteinander als übereinander sprechen müssten. „Wir sind enge Partner, Verbündete, keine Feinde. Wir müssen zusammenarbeiten.“

Weil sich die Arbeit an der Abschluss-Erklärung hinzog und Trump und Juncker erst gegen 22.15 Uhr MESZ an die Mikrofone traten, musste sich das Publikum in einer renommierten Washingtoner Denkfabrik gedulden. Juncker war dort als Hauptredner zum Thema der Stunde vorgesehen: Wie der Handelssreit zwischen Washington und Brüssel beigelegt werden kann.

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