Lage im Nahen Osten Israel sieht sich umzingelt von Feinden

Jerusalem · Israel sieht sich umzingelt von Feinden und will Angriffen zuvorkommen. Syrien und Iran gilt dabei besonderes Augenmerk.

 Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman.

Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman.

Foto: AP

Eine Villa im Dschungel, umgeben von gefährlichen Tieren, deren Eindringen verhindert werden muss – das ist die Metapher, mit der israelische Sicherheitsexperten in Hintergrundgesprächen mit ausländischen Journalisten arbeiten. Das Land sieht sich umzingelt von Feinden und will Angriffen zuvorkommen. Das ist der Grund für die massiven Luftschläge der israelischen Armee auf 50 Ziele in Syrien in der Nacht zum vergangenen Donnerstag.

Mit aller Macht will Israel verhindern, dass der Erzfeind Iran seine Stellungen im Bürgerkriegsland Syrien festigen und den Norden mit Raketen bedrohen kann. Iran hat seine Revolutionsgarden in Syrien und arbeitet mit schiitischen Milizen zusammen. „Wir dürfen in Syrien nicht den gleichen Fehler begehen wie beim Abzug aus dem Libanon“, betont der frühere Diplomat Oded Eran, der seinem Land auch als Nato-Botschafter gedient hat. Im Libanon nutzte die Hisbollah das Machtvakuum ab dem Jahr 2000, um sich immer stärker aufzurüsten.

Nach israelischen Angaben verfügt die Miliz heute über mehr als 100.000 Raketen, darunter zunehmend präzise, steuerbare Waffensysteme, wie ein Militärexperte berichtet. Die Bedrohung für die Israelis ist äußerst real. Die Hisbollah etwa erreicht mit ihren Raketen sowohl Haifa als auch Tel Aviv. Die Mittelmeermetropole lag zuletzt im Sommer 2014 unter Beschuss aus dem Gaza-Streifen, als die Armee dort einen Krieg gegen die Terrorgruppe Hamas führte – als Reaktion auf Angriffe auf israelische Ortschaften mit Kassam-Raketen. Im Gaza-Streifen starben damals mehr als 1700 Palästinenser, der größte Teil davon laut UN Zivilisten. In Tel Aviv dagegen funktionierten die computergestützten Raketenabwehrsysteme. In Israel müssen neu gebaute Wohnungen laut Gesetz eigene Schutzräume bekommen; werden Altbauten saniert, gilt dasselbe.

Als größte Gefahr für Raketenattacken sieht die Armee seit einigen Jahren die Iraner. Seit Monaten flog die Luftwaffe deshalb immer wieder kleinere Angriffe in Syrien. Bei einem Luftschlag auf einen Militärflugplatz in Zentralsyrien kamen im April sieben iranische Soldaten um. Damit war der Mullah-Staat nach den Spielregeln von Angriff und Vergeltung, die im Nahen Osten seit jeher gelten, zum Handeln gezwungen. Anfang voriger Woche ließ die israelische Armee ihre Einschätzung der Lage in die Medien durchsickern – alle militärischen Informationen unterliegen einer Zensur. Iran habe kein Interesse an einem großen Krieg, hieß es, sondern werde einen begrenzten Schlag auf eine militärische Einrichtung im Norden führen. Die Bürgermeister auf den Golanhöhen wurden vorsorglich aufgefordert, die öffentlichen Bunker zu öffnen.

Kurz darauf geschah exakt, was die Armee vorausgesagt hatte: Mutmaßlich die Revolutionsgarden schossen 20 Raketen auf einen Militärposten ab, keine traf laut Armee ihr Ziel. Israel schlug sofort mit 28 Kampfflugzeugen zurück. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman erklärte danach, fast die gesamte iranische Infrastruktur in Syrien sei bombardiert worden. Die Zahl der Toten soll nach unbestätigten Berichten bei mehr als 20 liegen.

Seitdem gab es keine neuen Meldungen des israelischen Militärs. Ex-Botschafter Eran fürchtet allerdings eine weitere Eskalation. „Ich sehe nicht, was einen Krieg verhindern sollte“, sagte er wenige Tage vor dem Militärschlag. Es gebe keinen Gesprächskanal zu den Iranern. Eran: „Es wird ein heißer Sommer für beide Seiten.“

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