Eskalation über dem Golan Israel schießt syrischen Kampfjet ab

Tel Aviv · Israel beobachtet heftige Kämpfe im Süden des Nachbarlands Syrien mit großer Sorge. Der jüdische Staat will ein Vorrücken pro-iranischer Kräfte bis an die Grenzlinie auf dem Golan um jeden Preis verhindern. Jetzt kam es zu einem schwerwiegenden Zwischenfall.

 Israels Armee hat nach eigenen Angaben zwei Abwehrraketen auf ein syrisches Kampfflugzeug abgefeuert.

Israels Armee hat nach eigenen Angaben zwei Abwehrraketen auf ein syrisches Kampfflugzeug abgefeuert.

Foto: Stefanie Järkel

Israel hat nach eigenen Angaben einen syrischen Kampfjet abgeschossen, der in seinen Luftraum eingedrungen war. Die israelische Armee feuerte demnach zwei Abwehrraketen auf das Flugzeug des Typs Suchoi ab.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, einer der beiden Piloten sei ums Leben gekommen. Das Schicksal des zweiten sei unklar. Nach ihm werde weiter gesucht. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

"Unser Flugabwehrsystem hat ein Kampfflugzeug der syrischen Luftwaffe identifiziert, das vom Stützpunkt T4 gestartet und in den Luftraum Israels eingedrungen war", sagte Regierungschef Benjamin Netanjahu zu dem Zwischenfall. Zu einem 1974 mit Syrien geschlossenen Waffenstillstandsabkommen gehört eine entmilitarisierte Zone an der Grenzlinie zu den israelisch besetzten Golanhöhen. Israel werde Verstöße dagegen nicht hinnehmen, sagte Netanjahu. "Wir werden ein Eindringen oder Vorstoßen in unser Gebiet, zu Lande oder in der Luft, nicht akzeptieren." Die Streitkräfte hätten dementsprechend gehandelt, betonte Netanjahu.

Nach Angaben der israelischen Armee drang der Kampfjet zunächst zwei Kilometer weit in israelischen Luftraum vor und wurde dann von den Raketen "abgefangen". Zuvor habe es vermehrt Kämpfe in Syrien gegeben. Daran seien auch syrische Kampfjets beteiligt. Israels Armee befinde sich in erhöhter Alarmbereitschaft.

Die Lage in der Region ist seit Wochen angespannt. Truppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad bekämpfen dort Regierungsgegner und konnten fast den gesamten Süden des Bürgerkriegslandes wieder unter Kontrolle bringen. Nun gehen sie gegen einen Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vor.

Die Extremisten kontrollieren dort das Jarmuk-Tal, ein Gebiet an der Grenze zu den von Israel besetzten Golanhöhen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete, es habe in der Region mehr als 100 Luftangriffe auf den IS gegeben.

Israels Armeesprecher Jonathan Conricus sagte, das Flugzeug sei auf syrischem Gebiet abgestürzt, im südlichen Teil der Golanhöhen. "Das Flugzeug des Typs Suchoi ist auf dem syrischen Militärflugplatz T4 gestartet und sehr schnell in Richtung Israel geflogen." Es sei unklar, ob der Jet absichtlich oder versehentlich in israelischen Luftraum eindrang.

Syriens Staatsagentur Sana bestätigte, dass Israel einen syrischen Kampfjet ins Visier genommen habe. Das Flugzeuge habe "in syrischem Luftraum" bewaffnete Terrorgruppen bekämpft. Der "israelische Feind" zeige damit einmal mehr, dass er Terrororganisationen unterstütze. Das Schicksal der Besatzung sei unklar, meldete Sana weiter.

Israel hatte bereits im September 2014 einen syrischen Kampfjet abgeschossen, der in seinen Luftraum vorgedrungen war. Vor knapp zwei Wochen zerstörte die Luftabwehr im Norden Israels eine Drohne, die von Syrien aus eingedrungen war. Im Februar war nach israelischen Angaben eine iranische Drohne auf einem Kampfeinsatz abgefangen worden. Die syrische Flugabwehr schoss an dem Tag bei einer schweren Eskalation ein israelisches Kampfflugzeug ab.

Israel habe vor dem neuen Zwischenfall mehrere Warnungen über verschiedene Kanäle und in verschiedenen Sprachen abgegeben, sagte Conricus. "Wir wissen, dass es ein syrisches Flugzeug war, obwohl die Russen auch Kampfeinsätze in dieser Gegend fliegen."

Bei den Kämpfen in Syrien abgefeuerte Raketen hatten bereits am Montag Israels Raketenabwehr aktiviert. Die israelische Armee teilte mit, zwei Raketen des Abwehrsystems "David's Sling" (Schleuder Davids) seien abgefeuert worden.

Netanjahu hatte am Montag mit einer russischen Delegation über die gefährliche Lage in Syrien gesprochen. Ein israelischer Regierungsvertreter sagte nach Medienberichten anschließend, Russland wolle pro-iranische Kräfte in Syrien künftig etwa 100 Kilometer von der Grenzlinie zu Israel fernhalten.

Netanjahu habe bei dem Gespräch mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und Generalstabschef Waleri Gerassimow aber darauf bestanden, längerfristig müssten alle iranischen Truppen und ihre Verbündeten aus ganz Syrien abziehen. Israel will eine militärische Etablierung seines Erzfeinds Iran im Nachbarland nicht dulden.

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