Konflikte IS-Vormarsch in Nordsyrien: Zehntausende eingeschlossen

Aleppo · Die Rebellen im Norden Syriens geraten immer mehr unter Druck. Jetzt rückt der IS gegen die gemäßigteren Regimegegner vor. Helfer sorgen sich um das Leben von mindestens 100 000 Vertriebenen.

 Die Extremisten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nahmen nahe der Stadt Asas an der Grenze zur Türkei mehrere Orte ein, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtet.

Die Extremisten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nahmen nahe der Stadt Asas an der Grenze zur Türkei mehrere Orte ein, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtet.

Foto: Anne-Beatrice Clasmann/Archiv

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ist bei Angriffen in Nordsyrien in ein strategisch wichtiges Rebellengebiet vorgerückt.

Die Extremisten nahmen nahe der Stadt Asas an der Grenze zur Türkei mehrere Orte ein, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und Aktivisten am Freitag berichteten. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch flohen Zehntausende Menschen vor dem IS und sind nun in der Region um Asas eingeschlossen. Den Rebellen droht dort ein totaler Zusammenbruch.

Nach HRW-Angaben flohen in den vergangenen Tagen rund 45 000 Menschen vor den heranrückenden IS-Kämpfern. Insgesamt sind demnach in der Region um Asas 165 000 Vertriebene eingeschlossen. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) sprach von rund 100 000 Flüchtlingen. "Es gibt keinen Zufluchtsort für die Menschen, während die Kämpfe immer näher kommen", sagte Pablo Marco, ein lokaler MSF-Leiter.

Asas liegt in der Nähe eines von Rebellen kontrollierten Grenzübergangs zur Türkei. Die mit dem IS verfeindeten Regimegegner hatten in der Region bereits im Frühjahr Territorium verloren und kontrollierten hier zuletzt nur noch eine Enklave. Aktivsten meldeten, diese sei nun vom IS in zwei Teile gespalten worden. Umgeben ist die Enklave im Osten vom IS und im Westen von Kurden-Einheiten.

Da die Türkei die Grenze seit mehr als einem Jahr für Syrer weitestgehend geschlossen hält, können Flüchtlinge nicht ins Nachbarland. Helfer aus der Region berichteten der Deutschen Presse-Agentur, einige Syrer flüchteten Richtung Westen in das von Kurden kontrollierte Gebiet um den Ort Afrin. Die Kurdenmiliz YPG habe die Zugangsstraße dorthin am Nachmittag aber geschlossen.

Nach Berichten der Menschenrechtsbeobachter nahmen IS-Kämpfer am Freitag unter anderem den Ort Kildschibrin ein. Zudem lieferten sie sich heftige Kämpfe mit Regimegegnern am Stadtrand von Marea. Mindestens 30 Rebellen und 11 IS-Kämpfer seien getötet worden.

MSF evakuierte nach eigenen Angaben ein nahe der türkischen Grenze gelegenes Krankenhaus in Al-Salama. Nur wenige Ärzte und Helferinnen blieben zurück. "Wir mussten die meisten unserer Patienten und Mitarbeiter aus dem Krankenhaus entlassen, da die Frontlinie so nah gekommen ist", sagte Pablo Marco.

Weiter östlich steht der IS hingegen unter Druck. Ein von der Kurdenmiliz YPG geführtes Bündnis hatte am Dienstag eine Offensive gegen die Dschihadisten im Norden der IS-Hochburg Al-Rakka gestartet. Luftangriffe der von den USA geführten Koalition unterstützen sie.

Die YPG ist in Syrien wichtigster Partner der US-geführten Koalition. Bei der Miliz handelt es sich um den syrischen Ableger der verbotenen türkischen Arbeiterpartei PKK. Die Türkei stuft beide Organisationen als Terrororganisation ein und bekämpft sie.

Am Freitag zeigte sich die türkische Regierung verärgert über Fotos von US-Soldaten mit dem Abzeichen der YPG auf der Uniform, die rund 50 Kilometer vor Al-Rakka aufgenommen worden sein sollen. "Es ist inakzeptabel, dass US-Soldaten das Emblem einer Terrororganisation tragen", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Der Sprecher der US-Armee im Irak, Steve Warren, bezeichnete das Tragen der Abzeichen als unangebracht. Die Männer seien aufgefordert worden, die Embleme zu entfernen. Man sei über den Vorfall mit Verbündeten und militärischen Partnern in Kontakt.

Er wies die Darstellung zurück, dass die amerikanischen Spezialkräfte an der Frontlinie gegen den IS kämpfen. Sie hielten sich in Gebieten auf, in denen Kontakt mit dem Feind unwahrscheinlich sei.

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