Niedriges Wirtschaftswachstum Schulden und Trump machen China verwundbar

Die chinesische Wirtschaft wächst so langsam wie seit 26 Jahren nicht. Sorge bereitet Ökonomen die immer weiter wachsenden Schulden sowie das extrem auseinanderklaffende Einkommensgefälle. Trump sorgt für zusätzliche Unsicherheit.

Eigentlich müssten Börsianer platzen vor Spannung, wenn Chinas Statistikamt alljährlich im Januar das Wirtschaftswachstum des zurückliegenden Jahres bekannt gibt – immerhin handelt es sich um die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, die mit so ziemlich allen Ecken dieser Erde intensiven Handel betreibt.

Doch dem ist in diesem Jahr nicht so. Um 6,7 Prozent ist Chinas Wirtschaft im vergangenen Jahr gewachsen. Das gaben die amtlichen Statistiker am Freitag in Peking bekannt. Bemerkenswerte Ausschläge auf den Aktienmärkten gab es nicht. Der Grund: Die Rate entspricht ziemlich genau dem, was die chinesische Führung vor einem Jahr vorgegeben hatte – trotz des niedrigsten Werts seit 26 Jahren.

Als „wenig überraschend“ bewertet der Analyst Shuang Ding von Standard Chartered Chinas derzeitiges Wachstum. Er verweist darauf, dass nach einem jahrzehntelangen Boom mit teils zweistelligen Wachstumsraten die Führung in Peking das exportlastige Wirtschaftsmodell stärker auf die Binnenkonjunktur ausrichten und den privaten Konsum ankurbeln will. Dafür nehme sie ein schwächeres Wachstum bewusst in Kauf. „Die Wachstumsraten werden tendenziell zurückgehen", erwartet aus denselben Gründen auch der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Für 2017 geht die chinesische Führung nur noch von einem Wachstum von 6,5 Prozent aus.

Sehr viel mehr lohnt sich aus Sicht der Experten der Blick auf die Details. Vor allem der hohe Schuldenstand bereitet ihnen Sorge. Diese machen inzwischen 277 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung aus und ist in einem Jahr um fast 20 Prozentpunkte gestiegen. Viele neue Kredite würden aufgenommen, um Zins und Tilgung für Altschulden stemmen zu können, schreibt die Schweizer UBS in ihrer aktuellen Studie.

Hinzu kommt, dass die Regierung auch weiter massiv Kreditspritzen vergibt und die Staatsausgaben in die Höhe treibt, um eine zu starke Abschwächung der chinesischen Wirtschaft zu verhindern. Nur deswegen kommt sie auf den exakt von ihr vorgegeben Wachstumswert von 6,7 Prozent. Nachhaltig ist dieses Vorgehen nicht, kritisieren Ökonomen.

Mit Donald Trump als neuen US-Präsidenten droht Chinas Wirtschaft 2017 zudem eine Reihe weiterer Unsicherheiten. Trump hat zuletzt mehrfach gegen die Volksrepublik gewettert und Peking Währungsmanipulation vorgeworfen. China würde seine Währung bewusst niedrig halten, um mehr Waren zu exportieren. Diesen Vorwurf kann Trump zwar nicht belegen, droht trotzdem aber mit Strafzöllen von 45 Prozent auf sämtliche chinesische Einfuhren. Ein Handels- und Währungskrieg würde China hart treffen, befürchtet Louis Kuijs von Oxford Economics in Hongkong.

Allen Problemen der chinesischen Wirtschaft zum Trotz: Laut Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die China wieder zu dem Land unter den großen Volkswirtschaften aufgestiegen, das die höchste Wachstumsrate aufweist. Im Vorjahr gebührte Indien dieses Prädikat. Doch eine Bargeldentwertung im November löste auf dem Subkontinent Chaos aus und dämpfte das Wachstum deutlich.

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