Flüchtlinge Hochsaison für Menschenschlepper am Mittelmeer

MADRID · Das ruhige Mittelmeer verleitet vor allem im Sommer viele Menschen zur Flucht. Internationale Hilfsorganisationen befürchten erneut Todesdramen auf hoher See.

 Eine Szene, die sich wiederholen wird: Vor genau einem Jahr trieben diese Migranten vor Libyens Küste und warteten auf Rettung.

Eine Szene, die sich wiederholen wird: Vor genau einem Jahr trieben diese Migranten vor Libyens Küste und warteten auf Rettung.

Foto: AFP

Es könnte wieder ein dramatischer Sommer im Mittelmeer werden. Die Monate Juli und August, in denen das Meer ruhiger ist, sind für die Menschenschlepper in Nordafrika so etwas wie die Hochsaison, in der sie besonders viele Boote mit Migranten und Flüchtlingen auf den Weg nach Südeuropa schicken. Entsprechend fürchten die humanitären Organisationen weitere Todesdramen.

Im ersten Halbjahr 2018 starben nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR mehr als 1000 Menschen beim Versuch, nach Europa zu gelangen. Allein am vergangenen Wochenende kamen vor Libyens Küste mindestens 200 Migranten und Flüchtlinge um – darunter befanden sich drei Babys. Da nicht alle Bootsunglücke bekannt werden und oft nicht klar ist, wie viele Menschen in den Kähnen sitzen, muss man zudem von einer nicht geringen Dunkelziffer ausgehen.

Verglichen mit dem Vorjahr hat sich die Zahl der bekanntgewordenen Todesfälle allerdings halbiert. Nicht etwa, weil die Überfahrten sicherer geworden wären, sondern weil sich die Zahl der Flüchtlinge und Migranten, die den Weg übers Mittelmeer einschlugen, stark reduziert hat. In 2018 kamen bisher rund 45.000 Menschen übers Meer, im ersten Halbjahr 2017 waren es noch etwa 95 000.

Vor allem die Route nach Italien, das jahrelang das wichtigste Zielland am Mittelmeer war, scheint weitgehend gekappt zu sein. Laut IOM wurden vergangene Woche nur noch rund 300 Bootsmigranten in italienischen Häfen registriert. In Spanien waren es 3000.

Die IOM, welche in die Vereinten Nationen eingebunden ist, berichtet zudem, dass die libysche Küstenwache 2018 bereits rund 10.000 Migranten aus dem Meer gerettet und zurück nach Libyen gebracht hat. Europa hilft bereits seit 2017 bei der Ausbildung und Ausrüstung der libyschen Küstenwache. Sorgen bereiten der IOM die Zustände in den Lagern, in denen viele Flüchtlinge in Libyen nach ihrer Rückführung interniert werden. Auch Kinder würden dort festgehalten, sagte der IOM-Delegierte in Libyen, Othman Belbeisi.

Seine Organisation schätzt, dass sich bis zu einer Million Migranten in Libyen aufhalten. Die Menschen seien in dem Bürgerkriegsland, von dem die Regierung nur einen Teil kontrolliert, Schmugglern und Menschenhändlern ausgesetzt und müssten mit Missbrauch, Verhaftung und Folter rechnen.

Zudem bestätigte die IOM Berichte, wonach Algerien, ein weiterer wichtiger EU-Partner in Nordafrika, an seiner Südgrenze Tausende Migranten in die Sahara-Wüste Richtung Niger abschiebt. Demzufolge karrt Algerien per Bus Migranten aus den schwarzafrikanischen Ländern zurück an den Rand der Sahara und lässt sie durch die Wüste zum 15 Kilometer entfernten Ort Assamaka in Niger laufen.

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