Mehr "Schnüffelbefugnisse" Schweizer erlauben Geheimdienst elektronische Überwachung

Bern · Mehr Rente? Grüne Wirtschaft? Dazu sagen Schweizer "Nein, danke". Zugleich stimmen sie für deutlich größere Schnüffelbefugnisse des nationalen Nachrichtendienstes.

 Über eine Ausweitung der Befugnisse des Geheimdienstes wird in der Schweiz abgestimmt.

Über eine Ausweitung der Befugnisse des Geheimdienstes wird in der Schweiz abgestimmt.

Foto: Gian Ehrenzeller

Die Schweizer haben mit klarer Mehrheit für erheblich größere Überwachungsbefugnisse ihres Geheimdienstes gestimmt. Zugleich lehnten sie höhere Renten und eine grünere Wirtschaft ab.

65,5 Prozent der Referendumsteilnehmer votierten laut dem offiziellen Endergebnis für ein neues Geheimdienstgesetz, das es in Einzelfällen erlaubt, Telefonate abzuhören, Wohnungen zu verwanzen und Computer anzuzapfen.

Abgestimmt wurde dabei über ein bereits 2015 vom Parlament gebilligtes Gesetz über neue Regeln für den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) bei der Bekämpfung terroristischer Gefahren. Verteidigungsminister Guy Parmelin von der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) begrüßte die breite Zustimmung. Das neue Gesetz ermögliche es, auf Ängste der Bevölkerung zu reagieren.

Es werde am 1. September 2017 in Kraft treten. Bis dahin müsse unter anderem die Zusammenarbeit zwischen dem NDB, dem Ministerium für Verteidigung und Bevölkerungsschutz sowie den Kantonen und Polizeidirektoren geregelt werden. Für das elektronische Eindringen in die Privatsphäre von Bürgern müssen jeweils Bewilligungen von Regierungsstellen sowie des höchsten Schweizer Verwaltungsgerichts eingeholt werden.

Gegner des Gesetzes hatten gewarnt, es werde der Weg in einen "Schnüffelstaat" geebnet. Die Befürworter machten geltend, dass der Geheimdienst angesichts der Bedrohung durch die IS-Terrormiliz und anderer Gewalttäter "nicht blind und taub" sei dürfe. Er müsse vielmehr über alle erforderlichen Mittel verfügen, um bereits Planungen für Anschläge zu erkennen und unterbinden zu können.

63,6 Prozent der Wahlbeteiligten sagten laut Endergebnis Nein zu einer Initiative der Grünen Partei für einen umfassenden ökologischen Umbau der Volkswirtschaft. Damit sollte erreicht werden, dass die Schweiz bis 2050 über eine allumfassende "Kreislaufwirtschaft" verfügt, die auf langlebige Produkte setzt und Abfälle weitestgehend als Rohstoffe wiederverwendet. Regierung und Unternehmerverbände bezeichneten das Projekt als sympathischen Ansatz, der aber der Wirtschaft erheblichen Schaden zufügen würde.

Grünen-Präsidentin Regula Rytz bedauerte das "Nein": "Die Schweiz hat die Chance verpasst, sich beim ökologischen Umbau der Wirtschaft weltweit an die Spitze zu setzen." Aber die Gegenkampagne sei sehr hart geführt worden. Dennoch sei das Ergebnis ein Erfolg: "Denn jetzt hat eine wichtige Diskussion für die Zukunft begonnen."

59,4 Prozent stimmten laut der Hochrechnung gegen die Volksinitiative der Gewerkschaften zur Erhöhung der gesetzlichen Renten um zehn Prozent. Dies sei ein klares Signal gegen den nicht finanzierbaren weiteren Rentenausbau, sagte der Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt. Dass das Schweizer Volk 200 Franken (184 Euro) mehr Rente ablehne, zeige einmal mehr, wie mündig es sei. Bereits die Sicherung des heutigen Rentenniveaus sei eine "Herkulesaufgabe".

Die Gewerkschaften hatten argumentiert, nur durch eine deutliche Anhebung der Renten ließe sich noch verhindern, dass Ruheständler Abstriche an ihrer in der Schweiz verfassungsmäßig garantierten "gewohnten Lebenshaltung" hinnehmen müssen.

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