Wahlen Historiker Jóhannesson ist neuer Präsident Islands

Reykjavík · Durch den sensationellen EM-Erfolg Islands ist die ganze Insel im Ausnahmezustand. Bevor Tausende zum Achtelfinale reisen, wählt das Land einen neuen Präsidenten. Der ist selbst großer Fußballfan.

 Gudni Th. Johannesson hatte vor der Wahl als klarer Favorit gegolten.

Gudni Th. Johannesson hatte vor der Wahl als klarer Favorit gegolten.

Foto: Birgir Þór Harðarson

Unter dem Eindruck von Fußball-EM und Panama Papers haben die Isländer den Historiker Gudni Th. Jóhannesson zu ihrem neuen Präsidenten gewählt.

Nach der Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen lag der 48-Jährige am Sonntag mit 39,1 Prozent der Stimmen uneinholbar vor der Unternehmerin Halla Tómasdóttir mit 27,9 Prozent.

Die übrigen sieben Kandidaten lagen weit dahinter. In Island genügt eine einfache Mehrheit zum Wahlsieg.

"Ich hätte nicht gedacht, dass es zwischen mir und Halla so knapp würde", sagte Jóhannesson in Reykjavík. Er hatte als klarer Favorit gegolten.

Der fünffache Vater hatte neben dem Wahlerfolg noch einen Grund zum Feiern: Am Sonntag wurde er 48 Jahre alt. Die isländische Sängerin Jóhanna Vigdís Arnardóttir brachte dem frisch gewählten Präsidenten ein Ständchen und sang in Anlehnung an Marilyn Monroes Song für US-Präsident John F. Kennedy "Happy Birthday, Mr. President".

Wegen des sensationellen Erfolgs der Isländer bei der Fußball-EM hatten Experten mit einer geringen Wahlbeteiligung gerechnet. Laut vorläufigen Zahlen stimmten aber mehr als 185 000 von 245 000 Wahlberechtigten ab - mehr als erwartet. Damit auch die Inselbewohner wählen konnten, die zur EM in Frankreich sind, hatte das Innenministerium ein Wahllokal im Camp des Nationalteams in Annecy eingerichtet.

Als großer Fußballfan wollte Jóhannesson mit seiner Familie nach Nizza reisen, um das Achtelfinalspiel "unserer Fußballjungs" gegen England am Montag zu sehen.

Nach den Enthüllungen der Panama Papers über Briefkastenfirmen in Steueroasen, die Islands Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson zum Rücktritt gezwungen hatten, war das Vertrauen der Isländer in ihre Politiker geschwunden. Viele Landsleute hatten Jóhannesson bestärkt, sich für den Präsidentenposten zu bewerben. Der Historiker war mit seinen Auftritten als Experte im Fernsehen bei einem breiten Publikum auf der Nordatlantik-Insel beliebt.

Am 1. August folgt Jóhannesson auf Präsident Ólafur Ragnar Grímsson. Grímsson hatte nach 20 Jahren und fünf Amtszeiten nicht mehr antreten wollen. Seine erste große Aufgabe hat Jóhannesson, wenn im Herbst das neue Parlament gewählt wird. Der Präsident hat repräsentative Aufgaben, kann aber auch ein Veto gegen Gesetzentwürfe einlegen und spielt eine entscheidende Rolle bei der Regierungsbildung.

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