Finanzkrise Griechenland ist auf dem Weg der Besserung

Brüssel · Ein Jahr nach Beginn des dritten Hilfspakets sind erste Fortschritte in der griechischen Wirtschaft erkennbar. Doch nach wie vor sind die Probleme im Land groß.

 Im kommenden Jahr könnte die griechische Wirtschaft wieder Fahrt aufnehmen.

Im kommenden Jahr könnte die griechische Wirtschaft wieder Fahrt aufnehmen.

Foto: picture alliance / dpa

86 Milliarden Euro und eine Zukunft in der Eurozone. Vor ziemlich genau einem Jahr, am 14. August 2015, brachten die Finanzminister der Gemeinschaftswährung nach wochenlangem Tauziehen das dritte Hilfspaket auf den Weg. Griechenland schlitterte an der Staatspleite vorbei – um Haaresbreite.

Noch bevor der Vertrag in trockenen Tüchern war, bekam der hoch verschuldete Staat eine Sofortfinanzspritze über 26 Milliarden Euro, um die dringendsten Forderungen seiner Kreditgeber bedienen zu können und die arg in Not geratenen Banken wieder flüssig zu machen.

Bereits im Juni waren Kapitalverkehrskontrollen eingeführt worden, um zu verhindern, dass die Hellenen die Not der Geldhäuser noch größer machen, indem sie ihr Guthaben zu Hause horten oder ins Ausland schaffen. 60 Euro pro Tag durften die Griechen noch abheben. Die Beschränkungen sind bis heute in Kraft. Dabei gibt es ein Jahr nach der Einigung erste Anzeichen dafür, dass sich Hellas endlich erholen wird.

„Die wirtschaftliche Talsohle scheint Griechenland nun erreicht zu haben“, gab sich der Europa-Abgeordnete Markus Ferber (CSU) im Gespräch mit unserer Zeitung optimistisch. Von jetzt an, so der Finanzexperte, könne es nur noch bergauf gehen. Im Mai hatte Premier Alexis Tsipras immerhin einen Meilenstein erreicht – und die lang geforderte Rentenreform beschlossen, darüber hinaus wurden die Steuern für Mittel- und Großverdiener erhöht.

Allerdings legen Studien nahe, dass viele Reformen nicht umgesetzt werden – trotz der formellen Verabschiedung durch das Parlament. Der Athener Thinktank INERP verkündete unlängst, dass lediglich 13 Prozent wirklich zur Anwendung kämen.

Bereits im September muss sich Griechenland einer erneuten Prüfung unterziehen, um an frisches Geld aus dem Hilfspaket zu kommen.

Zwar profitiert das Land derzeit von guten Tourismuszahlen – auch, weil die Türkei einen Rückgang der Urlauber verzeichnen musste. Dennoch hat Griechenland für dieses Jahr eine erneute Rezession von 0,3 Prozent zu erwarten. Erst für das kommende Jahr geht die Kommission von einem Wachstumsschub von 2,7 Prozent aus.

Und die Schulden? Immerhin dürfte Griechenland 2016 erstmals wieder unter die 180-Prozent-Marke rutschen. 178,8 Prozent lautet die Prognose der EU-Behörde. Erlaubt sind eigentlich nur 60 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung – aber auch Deutschland ist davon mit mehr als 71 Prozent noch deutlich entfernt.

Doch kein anderes EU-Land ist so verschuldet wie Griechenland. Athen muss also weiter sparen. Dabei könnte die Lage anders aussehen. Die EU-Kommission geht von 80 Milliarden Euro Steuerrückständen in Griechenland aus. Sie sind vor allem durch säumige Unternehmen und Selbstständige zustande gekommen. Denn die Mehrwertsteuer wird nach wie vor kaum abgeführt. Inzwischen sind Steuerbeamte aus NRW zur Unterstützung angerückt.

Neuer Streit aber liegt schon in der Luft: Premier Tsipras hat für Anfang September zu einer Konferenz eingeladen. Neben den gerade mit ihren Haushaltsdefiziten davongekommenen Regierungen von Portugal und Spanien, sind auch das schuldenlastige Italien, Malta und Hilfsprogrammland Zypern auf der Gästeliste. Ziel des Treffens: die Austeritätspolitik der Geldgeber zu beenden. Oder anders formuliert: neue Schulden zu machen.

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