Konflikte Gericht hält ukrainische Pilotin des Mordes für schuldig

Donezk · Sie ist zum Symbol des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine geworden: die ukrainische Soldatin Nadeschda Sawtschenko. Zum Ende eines umstrittenen Mordprozesses droht ihr eine lange Haftstrafe. Oder kann sie auf einen Gefangenenaustausch hoffen?

 Moskau wirft Sawtschenko vor, 2014 am Tod von russischen Journalisten im Kriegsgebiet Ostukraine beteiligt gewesen zu sein.

Moskau wirft Sawtschenko vor, 2014 am Tod von russischen Journalisten im Kriegsgebiet Ostukraine beteiligt gewesen zu sein.

Foto: Yuri Kochetkov

In einem international scharf kritisierten Mordprozess hält ein russisches Gericht die ukrainische Militärpilotin Nadeschda Sawtschenko Berichten zufolge für schuldig.

"Sawtschenkos Schuld wird durch Beweise und Zeugenaussagen belegt, die während der Verhandlung untersucht wurden", zitierte die Agentur Ria Nowosti Richter Leonid Stepanenko am Montag. Nach rund acht Stunden vertagte das Gericht die weitere Urteilsverlesung auf diesen Dienstag. Dann wird auch das Strafmaß erwartet. Die Anklage hatte 23 Jahre Lagerhaft beantragt.

Die auf insgesamt zwei Tage angesetzte Urteilsverkündung löste am Montag Verwirrung aus. Während Richter Stepanenko über mehrere Stunden das Urteil verlas, sagte Sawtschenkos Anwalt Nikolai Polosow der ukrainischen Agentur Unian zufolge, der endgültige Schuldspruch stehe noch aus. Beobachtern zufolge ging der genaue Wortlaut im monotonen Verlesen durch den Richter unter. Die Agentur Tass bestätigte der Deutschen Presse-Agentur hingegen, dass der Richter einen Schuldspruch verkündet habe.

Sawtschenko wird vorgeworfen, 2014 im Kriegsgebiet Ostukraine maßgeblich am Tod von zwei russischen Journalisten durch Mörserbeschuss beteiligt gewesen zu sein. Sie soll Standortdaten an das ukrainische Militär gegeben haben. Die 34-Jährige habe "aus Motiven des Hasses und der Feindschaft" gehandelt, zitierte die Agentur Interfax Richter Stepanenko in der südrussischen Kleinstadt Donezk nahe der Grenze zur Ukraine.

Sawtschenko und die ukrainische Führung weisen die Vorwürfe zurück. Sie behaupten, die Soldatin sei nach der Festnahme im Konfliktgebiet gegen ihren Willen über die Grenze gebracht worden. Richter Stepanenko sagte, Sawtschenko habe die Grenze illegal überquert.

"Das Urteil interessiert sie nicht und hat nichts mit Rechtsprechung zu tun", sagte Anwalt Polosow. Sawtschenko hatte schon vorab angekündigt, dass sie das Urteil nicht anfechten werde.

Die ukrainische Führung teilte mit, Druck auf Moskau für einen Gefangenenaustausch machen zu wollen. In Kiew wird seit Monaten über einen möglichen Austausch Sawtschenkos gegen russische Staatsbürger spekuliert, die in der Ukraine bei Kämpfen gefangen genommen worden sind. Sowohl Kiew als auch Moskau haben signalisiert, dass sie dies nicht ausschließen.

Präsident Petro Poroschenko stellte sogar Begnadigungen in Aussicht, sollte dies erforderlich sein. Kremlsprecher Dmitri Peskow lehnte eine Stellungnahme vor der Bekanntgabe des Strafmaßes ab.

Allerdings sind zwei immer wieder in diesem Zusammenhang genannte mutmaßliche russische Soldaten, die in der Ukraine gefangen sind, bisher nicht verurteilt. Zuletzt verzögerte sich ihr Prozess, da einer ihrer Anwälte Anfang März spurlos verschwunden war.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kündigte an, er wolle den Fall bei seinem Besuch in Moskau am Mittwoch ansprechen. Die Vertretung der Europäischen Union in Moskau verlangte die sofortige Freilassung Sawtschenkos. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte den Schuldspruch als "tief politisiert" und forderte, den Fall mit einer unabhängigen Ermittlung neu aufzurollen.

Der russische Grenzschutz verweigerte einer ukrainischen Abgeordneten die Einreise zu dem Prozess. Auch Sawtschenko hat ein Mandat, sie war 2014 in Abwesenheit ins ukrainische Parlament gewählt worden.

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