Porträt: Bernard Cazeneuve Frankreichs Allzweckwaffe

Paris · Der Französische Innenminister Bernard Cazeneuve löst Manuel Valls als Regierungschef ab. Er gilt als belastbarer und loyaler „Parteisoldat“.

 Einsatzbereit für alle Fälle – besonders für solche, wo Not am Mann herrscht: Bernard Cazeneuve.

Einsatzbereit für alle Fälle – besonders für solche, wo Not am Mann herrscht: Bernard Cazeneuve.

Foto: dpa

Er gilt als François Hollandes „Allzweckwaffe“, als sein „Schweizer Messer“, bestens einsatzbereit für alle Fälle – besonders für solche, wo Not am Mann herrscht: Bernard Cazeneuve springt als neuer Premierminister für die fünf verbleibenden Monate bis zur französischen Präsidentschaftswahl ein, nachdem Manuel Valls gestern von diesem Posten zurückgetreten ist. Der 54-jährige Valls hatte erklärt, dass er als Kandidat für die Sozialisten antreten wolle, da sich Hollande nicht mehr für eine zweite Amtszeit bewirbt. Zwar muss er sich noch den innerparteilichen Vorwahlen Ende Januar stellen, doch hat er laut Umfragen gute Gewinnchancen. Um sich auf den Wahlkampf zu konzentrieren, machte er zum zweiten Mal Platz für Cazeneuve.

Der 53-Jährige folgte bereits im April 2014 im Innenministerium auf Valls, der zum Regierungschef aufgestiegen war. Es sollte sich als Schlüsselressort herausstellen, zumal bei den Anschlägen, die Frankreich seit zwei Jahren erschütterten, Cazeneuves ruhige und nervenstarke Art gefragt war. Nach den Attentaten versprach er weitgehende Maßnahmen im Anti-Terror-Kampf und trat im unzertrennlichen Trio mit Valls und Präsident Hollande auf, um das Bild einer handlungsfähigen Regierung zu vermitteln. Auch in der Wirtschaftspolitik teilen sie dieselbe sozialdemokratische Linie.

In der Rolle als „Minister für den Ausnahmezustand“ erwies sich Cazeneuve nicht nur als belastbarer und loyaler „Parteisoldat“, sondern stellte trotz seiner Präsenz Hollande nie in den Schatten. Der Präsident vertraut ihm und verbrachte sogar seinen 61. Geburtstag im Sommer 2015 bei der zweiten Hochzeit Cazeneuves mit der Mutter seiner beiden Kinder, von der er sich zuvor hatte scheiden lassen.

Dabei war das Verhältnis der Politiker nicht immer eng, da Bernard Cazeneuve dem heutigen Präsidenten des Verfassungsrates Laurent Fabius nahesteht. Dieser wiederum war lange einer der schärfsten innerparteilichen Gegner Hollandes, vor allem in der Debatte über das Referendum um einen EU-Verfassungsvertrag 2005: Während der damalige Sozialisten-Chef Hollande für ein „Oui“ der Franzosen warb, trat der Europa-Skeptiker Fabius für ein „Non“ ein. Umso überraschter waren die Reaktionen, als Hollande nach seiner Wahl 2012 Fabius zum Außenminister und dessen Weggefährten Cazeneuve zum beigeordneten Minister für Europaangelegenheiten machte.

Bereits im Wahlkampf hatte sich der redegewandte Cazeneuve dem künftigen Präsidenten als Sprecher angenähert. Knapp ein Jahr später kam Hollande auf Cazeneuve zurück, um den Skandal um den damaligen Budgetminister Jérôme Cahuzac abzufedern, der seine Schwarzgeld-Konten in der Schweiz verheimlicht hatte. Seinen Posten übernahm der diskrete und überkorrekt wirkende Cazeneuve.

So erscheint der begeisterte Hobbygärtner als einer der Aufsteiger der vergangenen fünf Jahre. Dabei war er zuvor der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt: Über regionale Mandate kam der Sohn eines Grundschullehrers in die Politik. Nach einem Diplom an einer Elitehochschule arbeitete er zunächst als Jurist bei der Bankengruppe „Banque populaire“ und anschließend als ministerieller Berater.

Jahrelang war er Bürgermeister der nordfranzösischen Städte Octeville und Cherbourg, die 2001 fusionierten, außerdem Präsident des Regionalrates von Basse-Normandie und zeitweise Abgeordneter in der Nationalversammlung.

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