Sitzung vertagt Erschöpfte Geschworene noch ohne Urteil in Nemzow-Prozess

Moskau · Russland wartet auf das Urteil gegen fünf Männer, die den Oppositionspolitiker Boris Nemzow ermordet haben sollen. Die Geschworenen beraten länger als erwartet über Schuld und Unschuld.

 Mit Blumen, Kerzen und Fotos wird am Ort der Bluttat in Moskau des ermordeten Oppositionellen Boris Nemzow gedacht.

Mit Blumen, Kerzen und Fotos wird am Ort der Bluttat in Moskau des ermordeten Oppositionellen Boris Nemzow gedacht.

Foto: Claudia Thaler

Im Moskauer Prozess wegen des Mordes an dem russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow haben die Geschworenen auch am zweiten Tag ihrer Beratung noch kein Urteil gefällt. Erschöpft brachen sie die Sitzung am Mittwochnachmittag ab.

Militärrichter Juri Schitnikow vertagte den Prozess auf Donnerstag. "Die Geschworenen sind sehr müde", sagte ihre Sprecherin der Agentur Tass zufolge.

Nemzow war am 27. Februar 2015 auf einer Brücke in der Nähe des Kremls in Moskau erschossen worden. Vor Gericht stehen fünf Verdächtige aus der Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus. Die Anklage geht von einem Auftragsmord aus, wobei sich der angebliche Auftraggeber ins Ausland abgesetzt haben soll. Nemzows Familie vermutet die Hintermänner in der Führung Tschetscheniens.

Die Suche nach den Hintermännern dürfte nach Einschätzung des Kremls noch Jahre dauern. ieser Fall gehöre zu den schwierigsten, doch das heiße nicht, dass die Fahndung nach den Verbrechern aufgegeben werde, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Dieser (Ermittlungs-)Prozess dauert manchmal Jahre", sagte er der Agentur Interfax zufolge.

Die Anklage wirft dem mutmaßlichen Todesschützen, einem Ex-Polizisten, sowie dem mutmaßlichen Fahrer des Fluchtwagens und drei angeblichen Komplizen einen Auftragsmord vor. Angeblich sollten sie dafür 15 Millionen Rubel (230 000 Euro nach derzeitigem Kurs) bekommen.

Die Männer hatten nach ihrer Festnahme Geständnisse abgelegt, diese im Prozess aber widerrufen. Die Tat hatte international Schlagzeilen gemacht. Präsident Wladimir Putin bezeichnete den Mord damals als politische "Provokation". Die Bluttat habe alle Anzeichen eines Auftragsmordes, hatte Peskow gesagt.

Richter Juri Schitnikow gab den Geschworenen nach russischen Medienberichten eine lange Liste von 26 Fragen zur Entscheidung. Über Fragen, in denen es anfangs kein einstimmiges Votum gibt, muss nach russischem Prozessrecht in einem zweiten Schritt abgestimmt werden. Dabei zählt die Mehrheit, Stimmengleichheit wird zugunsten des Angeklagten gewertet.

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