Parteitag der US-Demokraten Einheit dank Michelle

Philadelphia · Mit einer mitreißenden Rede befriedet die Frau von Präsident Barack Obama den Parteitag der Demokraten. Und auch Hillary Clintons ärgster Konkurrent Berníe Sanders ruft zu ihrer Unterstützung auf.

Vielleicht lag es an der Abwesenheit von Art Garfunkel. Vielleicht war Paul Simon aber einfach nicht gut zurecht. Als die Liedermacher-Ikone den Parteitag der Demokraten in Philadelphia zu später Stunde mit „Bridge Over Troubled Water“ durch die Unterströmungen navigieren wollte, in denen sich die Anhänger von Hillary Clinton und Bernie Sanders verfangen hatten, war der Erfolg begrenzt: Buhrufen aus dem Lager des demokratischen Sozialisten folgte Beifall aus dem Camp der Präsidentschaftskandidatin, die am Dienstagabend offiziell zur Herausforderin des republikanischen Widersachers Donald Trump nominiert wurde.

Fast 1900 Delegierte, so viele hatte Sanders der Favoritin in den Vorwahlen abspenstig gemacht, wollten sich zum Auftakt des viertägigen Politschaukampfs partout nicht mit der Niederlage des 74-Jährigen abfinden. Vor allem junge Delegierte hatten Tränen der Enttäuschung in den Augen. Für sie ist Clinton das Sinnbild des halbherzigen Weiter-So. Dass der akustische Gegenwind im Laufe des Abends abflauen sollte, lag an einer geschickten Parteitagsregie mit hochkarätigen Rednern, die Bernie-Fans nicht vor den Kopf stießen. Ohne Zweifel daran zu lassen, dass Clinton die Frau ist, hinter der es sich bei der Wahl am 8. November zu versammeln gilt.

Die wirkungsmächtigste Arbeit lieferte Michelle Obama ab. Die First Lady, Liebling über alle Parteiflügel hinweg, sprach die Delegierten mit Herz und Verstand an: „Wegen Hillary Clinton halten es meine Töchter jetzt für selbstverständlich, dass eine Frau Präsidentin der Vereinigten Staaten werden kann.“

Ohne den Namen Trump zu erwähnen, stellte sie den Radikalpopulisten in den Senkel: Regierungsgeschäfte lassen sich nicht in 140 Zeichen pressen, sagte Frau Obama über die notorische Twitterei des Unternehmers. Mit einer Replik über Trumps apokalyptische Zustandsbeschreibung Amerikas erntete sie viel Applaus: „Lasst euch von niemandem jemals einreden, dass dieses Land nicht großartig ist, dass wir jemanden brauchen, der es wieder groß macht.“ Die Schreiduelle zwischen Sanders- und Clinton-Anhängern ebbten sofort ab.

Am Ende blieb es Bernie Sanders vorbehalten, nach minutenlangen Ovationen im Stehen in die Rolle des Schlichters zu schlüpfen und seine widerwilligen Anhänger auf Clinton einzuschwören. „Jeder objektive Beobachter wird zu dem Schluss kommen, dass Hillary Clinton aufgrund ihrer Ansichten und ihres Führungsverhaltens die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten werden muss“, rief der Senator aus Vermont, der während der Vorwahlen oft kein gutes Haar an der früheren Außenministerin gelassen hatte.

Den Schulterschluss mit der von vielen Demokraten als „zu geschmeidig“ und „taktierend“ beschriebenen ehemaligen First Lady rechtfertigt Sanders damit, dass Clinton ihm und seiner „Bewegung“ bei zentralen Anliegen (Mindestlohn, kostenloses Studium an öffentlichen Hochschulen, Neufassung der Gesetze zur Wahlkampffinanzierung etc.) stark entgegengekommen sei. Ab sofort müssten alle Demokraten uneingeschränkt Clinton unterstützen und den „Angstmacher“ Trump verhindern.

Ob Sanders' Ordnungsruf wirkt, wird sich am Donnerstag zeigen. Hillary Clintons Antrittsrede, kommentieren US-Medien, muss die „verkrachte Demokraten-Familie umarmen und befrieden – einfach wird das nicht“.

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