Deutsche Politiker nach der Wahl "Eine kluge Entscheidung"

BERLN · Ganz sicher war man sich im Kanzleramt nicht. Deswegen gab es zwei Versionen des Glückwunsch-Telegramms: Eins für den Präsidenten, eins für den Herausforderer. Der Glückwunsch an Obama enthielt einen kleinen Seitenhieb.

 Die Deutschen sind erklärtermaßen keine großen Freunde Mitt Romneys. Im Bild: Nach der Wahl trägt ein Amerikaner, verkleidet als Uncle Sam, eine Pappfigur des Wahlverlierers fort.

Die Deutschen sind erklärtermaßen keine großen Freunde Mitt Romneys. Im Bild: Nach der Wahl trägt ein Amerikaner, verkleidet als Uncle Sam, eine Pappfigur des Wahlverlierers fort.

Foto: dpa

In dem Schreiben Angela Merkels findet sich diese kleine Gemeinheit: "Es wäre mir eine Freude, Sie bald wieder als meinen Gast in Deutschland begrüßen zu können."

Die Kanzlerin hatte dem Kandidaten Obama vor seiner ersten Wahl einen Auftritt vor dem Brandenburger Tor untersagen lassen, was der nicht so schnell vergessen hat. Aber die Zeit heilt alle Wunden, und so wurde der wiedergewählte Präsident auch aus Deutschland von einer Freudenwelle überrollt. Es gab gestern im politischen Berlin kaum jemanden, der Obamas Sieg negativ sah.

Bundespräsident Joachim Gauck betonte, dass Berlin und Washington "Partner gleicher Werte und Überzeugungen" seien. "Wir sind gefordert, die globalen Herausforderungen und Bedrohung für Freiheit, Frieden, Wohlstand und unsere Umwelt anzunehmen."

Vizekanzler Philipp Rösler nannte Obama "einen großen Freund Deutschlands"; mit ihm könnte das transatlantische Verhältnis ausgebaut werden. CSU-Chef Seehofer wertet die Wiederwahl als "Zeichen der Kontinuität". Auch die Berliner Oppositionsparteien unterstützen Obama. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Steinmeier, forderte: "Wir müssen mehr investieren in die Zusammenarbeit über den Atlantik hinweg."

Für die Linkspartei hat das US- Volk eine "kluge Entscheidung getroffen." Vor allem die Grünen schlachten den Obama-Sieg publizistisch für sich aus: "Wir haben einen Partner in den USA, der die gleiche Sprache spricht wie wir", stellte Grünen-Chef Cem Özdemir fest.

Die Fraktionsvorsitzenden Künast und Trittin hatten spekuliert, inwieweit die deutsche Euro-Politik die wirtschaftliche Situation in den USA negativ beeinflusst hat. Spitzenrepräsentanten der deutschen Industrie äußerten die Hoffnung, dass Obama sich einer transatlantischen Freihandelszone nicht in den Weg stellt.

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