"Die Preise werden steigen" EU plant Vergeltungsmaßnahmen gegen Trumps Strafzölle

Washington/Brüssel · US-Präsident Donald Trump stößt die Welt erneut vor den Kopf. Mit einem Pauschal-Zoll für Stahl- und Aluminiumimporte schlittert er in Richtung eines Handelskonfliktes mit Freund und Feind.

Donald Trumps Ankündigung von Strafzöllen auf Stahlimporte aus dem Ausland haben zu einer heftigen Diskussion über den wirtschaftlichen Sinn der Maßnahme geführt.

Volkswirte und Wirtschaftsführer meldeten sich in den USA zu Wort und erklärten, die Zölle könnten zum Bumerang für die "America-First"-Agenda von US-Präsident Trump werden. International hagelte es ohnehin schwere Kritik. Die EU und zahlreiche Wirtschaftsnationen wie Brasilien und Kanada kündigten Vergeltungsmaßnahmen an.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte vor Schäden in den USA selbst. "Die vom US-Präsidenten angekündigten Importerschwernisse werden wahrscheinlich Schaden nicht nur außerhalb der USA anrichten, sondern auch in den Vereinigten Staaten selbst", sagte IWF-Sprecher Gerry Rice in Washington. Betroffen könnten auch die verarbeitende Industrie und der Bausektor sein. Ferner gebe es große Bedenken, die Zölle mit der Nationalen Sicherheit zu begründen - dies könne zu Nachahmereffekten führen.

In Deutschland wurde der Ton schärfer. "Wenn die EU nicht angemessen reagiert, ermuntert sie Trump nur zu weiteren Maßnahmen. Die Folterwerkzeuge müssen auf dem Tisch liegen", sagte der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, der "Rheinischen Post" (Samstag). Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries kündigte im "Tagesspiegel" (Samstag) an: "Wir sind uns in Europa einig, dass wir deutlich antworten werden, sollte Präsident Trump tatsächlich Strafzölle beschließen."

Zuvor hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betont, er könne sich im Gegenzug Einfuhrzölle auf Whisky, Jeans und Motorräder aus den USA vorstellen. Damit würde er Symbole der der US-Wirtschaft treffen, ohne jedoch allzu großen volks- und weltwirtschaftlichen Schaden anzurichten. FDP-Chef Christian Lindner forderte in der "Passauer Neuen Presse" (Samstag), die EU müsse die großen Daten-Unternehmen wie Facebook und Google treffen - deren Marktverhalten sei in Europa sehr viel entscheidender als das von Motorrad- oder Whiskyherstellern.

In den USA begrüßten dagegen die Vertreter der Stahl- und Aluminiumbranche sowie die entsprechenden Arbeitnehmervertretungen den Schritt Trumps. Vertreter der Autobranche, Getränkehersteller und Baufirmen fürchten jedoch eine Verteuerung ihrer Produkte, weil die Einkaufspreise für das Rohmaterial wie etwa Getränkedosen nach oben gehen könnten.

"Die Preise werden steigen", sagte der Präsident des Institutes der Dosenhersteller, Robert Budway. "Dies würde am Ende die Verbraucher in den USA schädigen, die mehr für Dosengetränke und in Dosen verpacktes Essen zahlen müssten." In den USA sind 6,5 Millionen Menschen direkt und indirekt mit der Verarbeitung von Stahl- und Aluminium beschäftigt - aber nur wenige Hunderttausend mit der Erzeugung.

Trump setzte unbeeindruckt von der Kritik im In- und Ausland jedoch noch einen drauf. Wenn ein Land viele Milliarden Dollar im Handel mit praktisch jedem Land verliere, mit dem es Geschäfte mache, "dann sind Handelskriege gut - und einfach zu gewinnen", schrieb Trump im Nachrichtendienst Twitter: "Beispiel: Wenn wir ein 100-Milliarden-Dollar-Defizit mit einem Land haben und sie das ausnutzen, handeln wir nicht mehr - und machen einen Riesengewinn. Es ist so einfach!"

Er wolle künftig auch auf andere Produkte Einfuhrzölle oder Grenzsteuern erheben, wenn dies andere Länder auch für US-Produkte tun. "800 Milliarden Handelsdefizit lassen uns keine andere Wahl", schrieb Trump auf Twitter: "Wir werden bald mit wechselseitigen Steuern beginnen."

Mit der Ankündigung von Strafzöllen auf alle Stahlimporte in Höhe von 25 Prozent will Trump die heimische Industrie abschirmen. Auf Aluminium-Einfuhren sollen zehn Prozent erhoben werden. Damit werden Importe in die USA teurer. Der Stahlmarkt weltweit leidet unter Überkapazitäten und Preisverfall. Hauptverursacher ist China.

Die Führung in Peking forderte Washington zur Zurückhaltung auf und mahnte, sich an Handelsregeln zu halten. Die Welthandelsorganisation WTO zeigte sich besorgt. Aus Sicht der deutschen Wirtschaftsvereinigung Stahl verstößt der Schritt gegen WTO-Regeln.

Aus Furcht vor schweren, weltweiten Handelsauseinandersetzungen setzten die Börsen am Freitag ihre Talfahrt fort. US-Handelsminister Wilbur Ross, einer der geistigen Väter der Zollentscheidung, bezeichnete die Marktbewegung als "Überreaktion".

Die USA importieren nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums derzeit Stahl im Wert von 24 Milliarden Dollar und sind damit der weltgrößte Importeur. 4 Prozent kommen demnach aus Deutschland. Deshalb sehen sich deutsche Hersteller nur wenig betroffen. Den Löwenanteil bestreiten Länder wie Kanada, Brasilien, Mexiko und Südkorea.

Mit seinen Maßnahmen will Trump die schwächelnde heimische Industrie wieder aufpäppeln. Die Stahl-Politik ist elementarer Teil seiner "America First"-Politik. Allein im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Stahlarbeiter-Gewerkschaft USW 9000 Jobs in der Branche gestrichen. Seit 2000 sank die Beschäftigung um 35 Prozent.

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