Kommentar zu Boris Johnson EU muss Härte gegen den Hardliner walten lassen

Meinung | Berlin · Boris Johnson hat einen Brexit mit oder ohne Abkommen zum 31. Oktober angekündigt. Tollkühn, ohne Rücksicht auf Verluste. Soll er ihn bekommen. Aber er sollte dafür nicht mehr auf die Hilfe Brüssels oder der Kanzlerin hoffen, kommentiert Kristina Dunz.

 Startet eine diplomatische Offensive: Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.

Startet eine diplomatische Offensive: Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.

Foto: Rui Vieira/PA Wire

Boris Johnson gehört zu den Hauptdarstellern, die den Austritt Großbritanniens aus der EU zu verantworten haben. Nun ist er Regierungschef und als solcher muss er diese vergorene Suppe schön selbst auslöffeln. Er hat einen Brexit mit oder ohne Abkommen zum 31. Oktober angekündigt. Tollkühn, ohne Rücksicht auf Verluste. Soll er ihn bekommen. Aber er sollte dafür nicht mehr auf die Hilfe Brüssels oder der Kanzlerin hoffen, die er am Mittwoch in Berlin aufsucht.

Angela Merkel ist eine humorvolle Frau. Aber in Sachen Brexit wird Johnson, der gern den Politclown mimt, mit ihr nichts zu lachen haben. Schon vor den ersten Gesprächen in seiner neuen Rolle als Premierminister hat er jegliche Fristverlängerung für einen Ausstieg ausgeschlossen, obwohl die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihm dies auf dem Tablett serviert hatte.

Harte Entscheidungen wie die kompromisslose Abkehr von der ökonomischen und sozialen EU-Wertegemeinschaft ziehen auch harte Konsequenzen nach sich. Da darf sich Johnson nicht auf das verlassen, was die EU sonst auszeichnet: Abermals verhandeln bis zum Umfallen, damit am Ende alle irgendwie zufrieden sind.

Es gibt ein fertig ausgehandeltes Brexit-Abkommen, das neben vielem anderen eine Garantieklausel für eine offene Grenze und zur Verhinderung von Warenkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland beinhaltet. Johnson verlangt nun die Streichung dieser Klausel, weil er die staatliche Souveränität Großbritanniens eingeschränkt sieht. Er selbst spricht von der möglichen Schwächung der politischen Balance durch die mit Irland vereinbarte Friedensregelung und zieht seinen Nachbarn damit in einen Konflikt hinein, der Eskalationspotenzial hat.

Die EU muss nun Härte gegen den Hardliner walten lassen. Er hat sich ohnehin schon dem anderen Abschottungs-Fan zugewandt, der Europa größte Sorgen macht. Beim G7-Gipfel am Wochenende in Frankreich ist Johnson und US-Präsident Donald Trump eine ganz eigene Show zuzutrauen. Großbritannien und die EU werden einen hohen Preis bezahlen. Das darf der neue Premier gern zu spüren bekommen. Schon jetzt gibt es Befürchtungen über einen Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten, wenn es zu einem „No-Deal-Brexit“ kommt.

Vielleicht endet das alles wie die Berliner Mauer. Es wird eine Grenze gezogen und nach ein paar Jahrzehnten wieder aufgehoben. Dazwischen liegt verlorene Zeit. Vor allem für die heute jungen Menschen. Welch ein Jammer.

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