Terrorattacke bei Popkonzert Vater des Manchester-Attentäters ebenfalls in Libyen festgenommen

Manchester/London · Terror-Ermittler sind sich sicher: Der Attentäter von Manchester war Teil eines Netzwerks. Jetzt wurden auch Vater und Bruder des Täters in Lybien festgenommen.

Neben dem Bruder des Manchester-Attentäters Salman Abedi ist nach Angaben libyscher Spezialkräfte auch dessen Vater in Libyen festgenommen worden. Der Mann sei vor seinem Haus in der libyschen Hauptstadt Tripolis festgenommen worden. Sprecher Ahmed Salem wollte am Mittwoch zunächst keine weiteren Auskünfte geben, bevor die Ermittlungen nicht abgeschlossen seien.

Zuvor war bereits bekanntgeworden, dass einer der beiden Brüder Abedis festgenommen wurde. Er war nach Angaben der Spezialkräfte mit den Einzelheiten des Anschlags vertraut gewesen und habe eingeräumt zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu gehören. Der Mann habe ausgesagt, während der Vorbereitungen in Großbritannien gewesen zu sein. Er sei Mitte April ausgereist, danach aber mit seinem Bruder in Manchester in ständigem Kontakt gewesen.

Die britische Polizei hatte nach eigenen Angaben bereits am Dienstag und Mittwoch insgesamt fünf Männer im Zusammenhang mit dem Anschlag festgenommen. Einer der Festgenommenen soll ein weiterer Bruder des Attentäters sein. Abedi hatte neben den beiden Brüdern auch noch eine Schwester

Anschlag auf Konzert in Manchester
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Terrornetzwerk hinter Anschlag vermutet

Hinter dem blutigen Anschlag vonManchester mit 22 Todesopfern steckt offensichtlich ein ganzes Terrornetzwerk. Die britischen Ermittler gehen inzwischen eindeutig von einer Gruppe rund um den Attentäter Salman Abedi aus. „Ich glaube, es ist ganz klar, dass es sich um ein Netzwerk handelt, dem wir nachgehen“, sagte der Polizeichef von Manchester, Ian Hopkins, am Mittwoch.

Zuvor hatten bereits die britische Premierministerin Theresa May und Innenministerin Amber Rudd Andeutungen in diese Richtung gemacht - jedoch nicht in dieser Deutlichkeit. May hatte am Dienstag mit Blick auf die Ermittlungen betont, dass eine größere Gruppe von Personen hinter der Tat in Manchester mit 22 Todesopfern stecken könnte. Rudd sagte, es sei „wahrscheinlich“, dass der Attentäter nicht allein gehandelt habe.

Großbritannien rief erstmals seit 2007 die höchste Terrorwarnstufe aus. Die Terrormiliz Islamischer Staat hatte nach dem Anschlag behauptet, der Täter sei ein „Soldat“ des IS gewesen. Innenministerin Rudd betonte dagegen, eine Verbindung zum Islamischen Staat sei nicht bewiesen.

Die Ermittler machen den 22 Jahre alten Salman Abedi für den Anschlag auf das Popkonzert der US-Sängerin Ariana Grande verantwortlich. Abedi war bei der Attacke ums Leben gekommen und hatte 22 Menschen in den Tod gerissen. Seitdem hat die Polizei in Verbindung mit dem Attentat vier Männer festgenommen. Details zu ihnen nannte Hopkins nicht, einer der Festgenommenen soll aber Bruder des Attentäters sein.

22-Jähriger war Geheimdienst bekannt

Abedi, Brite libyscher Herkunft, habe sich „nach einer Reise nach Libyen und dann wahrscheinlich nach Syrien radikalisiert“, sagte Collomb dem Sender BFMTV. Verbindungen zum IS seien „erwiesen“. Der 22-Jährige war allerdings dem britischen Geheimdienst bekannt, wie Innenministerin Rudd sagte. Medienberichten zufolge ist Abedi 1994 in Manchester geboren worden und hat in der nordenglischen Stadt studiert. Seine Familie soll sehr religiös gewesen sein und sich in einer Moschee der Stadt engagiert haben. Einige Familienmitglieder sollen kürzlich nach Libyen zurückgekehrt sein.

Abedi hatte am Montagabend einen selbstgebauten Sprengsatz gezündet. Dutzende wurden verletzt, unter den Toten sind viele Kinder und Jugendliche. Das bisher jüngste bekannte Todesopfer ist ein achtjähriges Mädchen. Deutsche sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung nicht unter den Opfern.

Am zweiten Tag nach dem Anschlag waren nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden noch 20 Menschen in kritischem Zustand. Einem deutschen Arzt zufolge, der in Manchester arbeitet, enthielt die Bombe Nägel. Etliche Opfer hätten auch Schädel-Hirn-Verletzungen, sagte der Neurologe Stefan Schumacher dem Südwestrundfunk (SWR).

Militär unterstützt Polizei nach Anschlag

Durch die höchste Terrorwarnstufe erhält die Polizei nun Hilfe vom Militär. Laut Regierung werden derzeit knapp 1000 militärische Kräfte zur Unterstützung der Polizei eingesetzt.

Der weltberühmte Wachwechsel vor dem Buckingham-Palast wurde für Mittwoch abgesagt, um Personal für anderen Aufgaben freizustellen. Aus Respekt vor den Opfern sagte der FC Chelsea seine geplante Siegesparade zum Gewinn der englischen Fußballmeisterschaft ab. Angesichts der Ereignisse sei es unangemessen, die Parade wie geplant am Sonntag in London zu veranstalten. Man wolle nicht wichtige Sicherheitsressourcen binden durch ein weiteres Großereignis.

In einem Kondolenzschreiben an Großbritanniens Innenministerin Theresa May zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel beeindruckt von den Gesten der Mitmenschlichkeit in Manchester, wo viele Bürger den Opfern geholfen hatten. Die Kanzlerin trug sich ebenso wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der britischen Botschaft in Berlin in das Kondolenzbuch für die Opfer des Terroranschlags ein.

Wegen des Terrorakts ist die Berliner Polizei beim Evangelischen Kirchentag und dem DFB-Pokalendspiel am Wochenende besonders wachsam. Die Sicherheitsvorkehrungen sind deutlich schärfer als bei früheren Kirchentagen.

Der Anschlag vom Montag war der schwerste in Großbritannien seit 2005, als Attentäter in der Londoner U-Bahn und in einem Bus insgesamt 56 Menschen getötet und mehr als 700 verletzt hatten.

(dpa)

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