Drittes TV-Duell in den USA Donald Trumps Spiel mit dem Feuer

LAS VEGAS · Einer dieser beiden wird in drei Wochen als 45. Präsident der USA feststehen. Grimmig verkeilen sich Clinton und Trump in der letzten TV-Debatte ineinander. Nackte Unversöhnlichkeit und keine Brücken. Wie sollen die USA nach dieser Wahl wieder zusammenfinden?

Drittes TV-Duell in den USA: Donald Trumps Spiel mit dem Feuer
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Der Kracher kam im letzten Drittel. Ob er die Wahl anerkennen werde? Nun, sagte Donald Trump, mal sehen. Er werde sich das dann anschauen. Ein Präsidentschaftskandidat, der das Wahlergebnis vielleicht nicht anerkennen wird? Das hat es in der US-Geschichte noch nie gegeben. Moderator Chris Wallace baut dem zornigen Republikaner sogar eine Brücke, beschwört ihn der langen Tradition, wonach der Verlierer den Sieger anerkenne - zum Wohle des Landes, damit es nach langem Kampf wieder zusammenfinde. Trump bleibt störrisch: Man werde sehen. Keine Zusage.

Dabei hatte sich Trumps Umgebung in Las Vegas bemüht zu streuen, der Kandidat werde das Ergebnis des 8. November schon akzeptieren. Nicht nur US-Medien finden es ein starkes Stück, dass das überhaupt der Erwähnung wert ist. Seit Tagen zieht Trump durch das Land, die Wahl sei schon entschieden, werde ihm gestohlen. Verschwörung, Kartelle, Clintons Schuld. In einem extrem aufgeladenen, gespaltenen Land ist das ein Spiel mit dem Feuer.

In der Arena, in der die Kandidaten aufeinandertreffen, wird passenderweise sonst auch Kampfsport vom Härtesten dargeboten, Mixed Martial Arts. Das ist ein sogenannter Vollkontakt-Sport. Für einen Handschlag der beiden Kandidaten reicht es eingangs gleichwohl nicht. Soweit ist es gekommen mit diesem Wahlkampf, dass das Clinton-Lager sich ausbat, auch ein Handschlag der Ehegatten Bill und Melania solle zu Beginn bitte vermieden werden.

Drittes TV-Duell zwischen Clinton und Trump
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Es beginnt tatsächlich eine inhaltliche Debatte. Hochintensiv, knisternd vor Ernsthaftigkeit, sachlich, mit fundamentalen Unterschieden der Positionen. Darin allerdings: Wenig Neues - wer zuvor kein Bild der Kandidaten hatte, konnte es sich jetzt zusammensetzen. Wer schon ein Bild hatte, konnte alle Farben nochmals kräftig nachmalen.

Alle maßgeblichen Umfragen, sie sehen den Republikaner mit wachsendem Abstand hinten. In der Stadt der Spieler musste Trump höchsten Einsatz gehen. Auch Berater des eigenen Lagers sagten: Wenn er noch etwas reißen will, wenn er noch etwas im Köcher hat - dann auf den Tisch damit, jetzt und hier.

Clinton, in das strahlende Weiß einer Art Engelsuniform gewandet, gibt sich extrem präsidentiell. Ruhig und souverän - die Blicke, die sie dem Konkurrenten schenkt, von einer Kälte nahe dem Nullpunkt. Als hätte sie diese Art der Auseinandersetzung aber sowas von satt. Trump hat mit wachsender Zeit immer mehr Mühe, an sich zu halten. Es gelingt ihm nicht immer. Er wirkt geladen, immer auf dem Sprung, für seine Verhältnisse regelrecht blass.

Nach 25 Minuten rasseln die beiden bei der Einwanderung böse aneinander, der gute Moderator Chris Wallace hat Mühe, die Kontrahenten einzufangen. Als Clinton auf ihre Wirtschaftspläne angesprochen wird, gerät sie leicht ins Schwimmen. Ihr Glück: Trump hat inhaltlich nicht viel vorzubringen. Seine Haltung zu Russland ist mindestens schillernd. Keine echten Details, wiewohl er für seine Verhältnisse ordentlich vorbereitet ist.

Die dritte Debatte galt als die am wenigsten wichtige der drei Auseinandersetzungen. Die meisten Wähler sind entschieden, viele haben bereits gewählt. Nach Lage der Dinge wird Las Vegas daran nicht viel ändern. Trump stellt Clinton als problematischen Teil des Establishments dar, immer schon da, aber ohne jeden Erfolg. Clinton brandmarkt Trump als eine Art Reality-TV-Clown, der um Himmels Willen fern vom Oval Office bleiben müsse.

Nach einer Stunde: die Vorwürfe sexuellen Missbrauchs an Trumps Adresse. Ruhig zählt Clinton sie auf, Trump weist alles zurück. „Niemand hat mehr Respekt für Frauen als ich“, sagt er. Neun Frauen haben anderes Zeugnis abgelegt.

Clinton selbst war in den vergangenen Tagen sehr verhalten. Trotz der für sie erfreulichen Zahlen vermied sie jeden Triumph, alle Siegesgewissheit. Das mag einerseits an ihrer extremen Vorsicht liegen, aber auch an der Enthüllungsplattform WikiLeaks, die mit der Regelmäßigkeit eines digitalen Metronoms wenig erbauliche Nachrichten für Clinton aufploppen lässt.

In den durchgestochenen Reden und Mail-Konversationen wird ein großer Spalt sichtbar zwischen der privaten und der öffentlichen Person Clinton. Das nährt den Ruf ihrer mangelnden Glaubwürdigkeit. Die Amerikaner trauen ihr nicht, oder sie trauen ihr alles zu - auch daran wird sich bis zum 8. November nicht mehr viel ändern. Clinton ist verwundbar, das machte auch Debatte drei deutlich, bei aller Souveränität: Die Vorwürfe gegen ihre Stiftung, gegen Interessenkonflikte in ihrer Zeit als US-Außenministerin, bleiben eine offene Flanke.

Im Nate Silvers populärem Blog „538“ sind Trumps Chancen auf einen Wahlsieg auf 13,7 Prozent abgestürzt. Erste US-Medien legen sich fest: Ein Kolumnist der „Washington Post“ schrieb, Trumps Weg zur Präsidentschaft sei nicht mehr nur eng. Er sei nicht mehr existent.

Das Trump-Lager spekuliert darauf, die Anhängerschaft zusammenzuschweißen. Wer seine Veranstaltungen besucht, erlebt in der Tat eine noch größere Leidenschaft für den Polit-Außenseiter. Aber sein Lager wächst nicht weiter. Will Trump ins Weiße Haus, muss es das.

Ein Kandidat, der seine Kontrahentin ins Gefängnis werfen lassen möchte und eine mögliche Niederlage nicht anerkennen will, wirft einen dunklen Schatten auf die letzten drei Wochen des Wahlkampfs. Und vielleicht weit darüber hinaus. (dpa)

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