Falschnachrichten in Sozialen Medien Die EU will Fake News im Netz entlarven

Brüssel · Bis Juni dürfen Facebook, Twitter und Co. eigenmächtig gegen Falschinformationen auf ihren Plattformen vorgehen. Im Oktober will die EU dann beurteilen, wie gut die Maßnahmen greifen - und im Ernstfall Sanktionen einführen.

 Gezielte Desinformation im Wahlkampf vor der Europawahl 2019? Bei der EU schrillen die Alarmglocken. Sie will rasch gegensteuern.

Gezielte Desinformation im Wahlkampf vor der Europawahl 2019? Bei der EU schrillen die Alarmglocken. Sie will rasch gegensteuern.

Foto: dpa

Der Kampf gegen Falschnachrichten im Internet wird verschärft. Das hat die Brüsseler EU-Kommission am Donnerstag angekündigt und erste Anregungen dazu vorgelegt. Doch die Frage bleibt, ob es mit Appellen und einer Forderung nach mehr Selbstkontrolle getan ist. Experten haben Zweifel.

Auf Facebook ist die EU gerade nicht gut zu sprechen. Der Skandal um die Weitergabe von Daten an das Unternehmen Cambridge Analytica, das personalisierte politische Nachrichten zur Wahlbeeinflussung an User verschickte, hat die Mitgliedstaaten tief getroffen. Umso erstaunlicher erscheint die Zurückhaltung, mit der nun auf Falschnachrichten im Internet reagiert werden soll.

Zwar betonte der für Sicherheitsfragen zuständige EU-Kommissar Julian King bei der Vorstellung der Initiative: „Der Gebrauch von Fake News und Desinformation im Internet als Waffe stellt eine ernste Bedrohung der Sicherheit unserer Gesellschaft dar.“ Die Antwort der Kommission umfasst aber bisher nur viel Unverbindlichkeit. Bis zum Juni sollen die Onlineplattformen wie Facebook, Twitter und andere einen Verhaltenskodex ausarbeiten, um Nachrichten und politische Werbung deutlicher voneinander zu trennen, Scheinkonten zu schließen und Fake News durch Faktenprüfungen zu entlarven. Bis Oktober müssten diese Eingriffe spürbare Wirkung zeigen. Dann will Brüssel entscheiden, ob und mit welchen Maßnahmen oder Sanktionen die Betreiber schärfer zur Mitverantwortung gezwungen werden können.

"Das beste Mittel ist guter Journalismus"

Im selben Zug fordert die EU-Behörde mehr Qualitätsjournalismus. „Das beste Mittel gegen Fake News, Desinformation und Propaganda ist gut finanzierter und unabhängiger Journalismus mit hohen professionellen Standards“, kommentierte die stellvertretende Vorsitzende des Kulturausschusses im EU-Parlament, die Grünen-Politikerin Helga Trüpel, den Vorstoß.

Wie gravierend die Auswirkungen sind, könnte die EU-Kommission sich von eigenen Experten schildern lassen. Innerhalb des Auswärtigen Dienstes der EU wurde 2015 ein Spezialistenteam installiert, das als „EU East StratCom Task Force“ (Strategisches Kommunikationsteam Ost) vor allem „Russlands laufender Desinformationskampagne“ gegensteuern soll. Seither filterten die Experten für ihre wöchentliche Übersicht der neuesten Fake News 3200 Falschmeldungen heraus.

Da gibt es absurde Nachrichten wie die Behauptung, die deutsche Bundeskanzlern habe syrischen Flüchtlingen einen Besuch bei tschechischen Prostituierten aus Steuergeldern finanzieren lassen. Sehr viel häufiger aber würden, so sagen die StratCom-Experten, Zitate aus dem Zusammenhang gerissen oder verzerrt dargestellt. Dass das Thema auch von der breiten Öffentlichkeit zunehmend als Bedrohung empfunden wird, bestätigten Umfragen des Europäischen Statistikamtes Eurostat vom Frühjahr. Dabei gaben 83 Prozent der Befragten an, dass sie Fake News als Gefahr für den Fortbestand der Demokratie ansehen.

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