Kommentar zu den Hongkong-Protesten Die Demokratie stirbt

Meinung · Eine Million Menschen auf Hongkongs Straßen stellen für die Machthaber in Peking allenfalls eine Irritation dar. Und der Westen ist daran mitschuldig, kommentiert Felix Lee.

Die Bilder beeindrucken: Zehntausende legen das Regierungsviertel in Hongkong lahm und verhindern eine Parlamentsdebatte um das umstrittene Auslieferungsgesetz. Dieses Gesetz soll ermöglichen, echte oder erklärte Straftäter auf Verlangen der chinesischen Behörden an die Volksrepublik auszuliefern. Dort lässt die autoritäre Führung ihre Kritiker auch gerne mal willkürlich einsperren. Bereits am Wochenende sind fast eine Million Menschen durch Hongkongs Hochhäuserschluchten gezogen und haben gegen dieses Gesetz demonstriert.

Das ist ein bemerkenswertes politisches Signal der Hongkonger Zivilgesellschaft. Es beweist, dass der demokratische Geist in der Bevölkerung ungebrochen ist. Trotzdem dürfte der Protest keine Chance auf Erfolg haben. Schlimmer noch: Hongkongs Demokratie insgesamt steht vor dem Aus.

Dabei war das Versprechen einmal ein völlig anderes. „Ein Land, zwei Systeme“ hatte Chinas Führung den Bürgern Hongkongs versprochen, als Großbritannien 1997 die Stadt zurückgab. Für 50 Jahre sollten die Hongkonger alle Rechte behalten dürfen, die sie unter der britischen Administration genossen hatten. Das schloss Wahlen, freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit und eine unabhängige Justiz ein. All das ist auf dem chinesischen Festland sehr viel eingeschränkter.

Zunächst schien sich Peking daran halten zu wollen. China hatte sich wirtschaftlich geöffnet, politisch gab es Lichtblicke. Die chinesische Führung zeigte Interesse, nicht zuletzt von westlich beeinflussten Demokratien lernen zu wollen. Entsprechend groß war die Hoffnung, das kleine Hongkong könnte die Volksrepublik positiv beeinflussen.

Das Gegenteil ist nun der Fall. Die autoritäre KP-Führung in Peking geht rabiat gegen Kritiker vor und sitzt fester im Sattel denn je. Unverhohlen gibt sie nun auch die Politik in Hongkong vor. Die Wirtschaft der Stadt ist schon lange abhängig vom Festland. Nicht einmal die westliche Staatengemeinschaft hält es für nötig, Kritik an Menschenrechtsverletzungen in China zu üben. Großbritannien, eigentlich Garant für die Einhaltung des völkerrechtlichen Vertrags von 1997, ist nur noch mit sich selbst beschäftigt.

Eine Million Menschen auf Hongkongs Straßen stellen für die Machthaber in Peking daher allenfalls eine Irritation dar. Und der Westen ist daran mitschuldig.

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