Neue Kommandostruktur Deutschland übernimmt in der Nato Transport und Logistik

Brüssel · In einem Ernstfall wäre die Nato nur schwer in der Lage, eine rasche Verlegung von Soldaten und Material durchzuführen. Deshalb vereinbart die Allianz nun eine neue Kommandostruktur. Deutschland soll für Transport und Logistik zuständig sein.

Die Nato fürchtet den Ernstfall. Denn ihre logistischen Strukturen würden eine rasche Verlegung von Soldaten und Material nur schwer möglich machen. Bei ihrem Treffen in Brüssel vereinbarten die Verteidigungsminister der Allianz am Mittwoch eine neue Kommandostruktur. Deutschland wird für Transport und Logistik zuständig – und muss dabei selbst am meisten leisten.

Der Beschluss klingt martialischer als er ist: Die Nato bekommt eine neue Kommandostruktur. „Wir wollen keinen neuen Kalten Krieg und wir wollen kein neues Wettrüsten“, betonte Jens Stoltenberg, Generalsekretär der Allianz, gleich zu Beginn des zweitägigen Treffens der Verteidigungsminister in Brüssel – es sollte wohl auch ein Signal an Moskau sein, nicht unruhig zu werden. Dafür gibt es in der Tat keinen Grund. Denn die beiden Kommandozentren, die nach dem formellen Beschluss des Brüsseler Nato-Gipfels im Juli errichtet werden, haben wohl eher das, was man „nachrangige Aufgaben“ nennt.

So sollen die USA die Sicherheit der Seerouten garantieren. Dies sei ein strategisch bedeutsamer Auftrag, weil auf dem Meeresgrund wichtige Daten- und Telefonleitungen liegen. Für das zweite Zentrum erhielt Deutschland am Mittwoch den Zuschlag. Es geht um ein Zentrum für Logistik und Transport. Mehrere hundert Fachleute werden sich dort Gedanken über die Frage machen, wie Truppen und Material in einem Bündnisfall schnell innerhalb Europas verlegt werden können.

Deutschland als Rahmennation

„Deutschland hat angeboten, Rahmennation zu sein, und dafür sind die anderen dankbar“, erklärte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach der Entscheidung in Brüssel. Tatsächlich hat das Bündnis ein Problem mit der europäischen Infrastruktur. Viele Straßen, Brücken oder Eisenbahn-Verbindungen sind nicht für die Verlegung schwerer Panzer geeignet.

Einer internen Studie der Nato zufolge gilt die Bundesrepublik als „Flaschenhals“, wo es „erheblichen baulichen Nachholbedarf“ gibt. Militärs beklagen sich darüber, dass die Verlegung von Truppen und Material innerhalb der europäischen Mitgliedstaaten ein regelrechter bürokratischer Albtraum sei. Da müssen Zollvorschriften eingehalten werden, stundenlange penible Kontrollen der Panzer und Fahrzeuge sind zu überwinden. „Wir brauchen ein militärisches Schengen“, forderte von der Leyen am Mittwoch. „Wenn man im Spannungs- oder Krisenfall schnell Truppenbewegungen über große Strecken innerhalb Europas unternehmen will, dann muss das genau geplant sein und mit großer Geschwindigkeit und Effizienz vor sich gehen.“

Genau das wird die Aufgabe des künftigen Nato-Logistik-Kommandos sein. Offenbar gibt es hinter den Kulissen bereits erste Festlegungen, dass diese Einrichtung im Raum Köln/Bonn entstehen soll. Das hätte Vorteile, weil in dieser Region bereits die Streitkräftebasis und das Streitkräfteamt der Bundeswehr ansässig sind. Und da Deutschland einen Großteil der Kosten zu tragen hat, kann die neue Bündniszentrale auch national genutzt werden – es ist von der Leyens Coup. Denn die Bundesverteidigungsministerin wird sich dieses Engagement Deutschlands bei der Nato auf das Zwei-Prozent-Ziel anrechnen lassen. Unter dem Druck des US-Präsidenten hatten die europäischen Allianz-Länder versprochen, ihre Ausgaben für die Sicherheit zu erhöhen. 2014 waren es nur drei Länder, die die Vorgabe schafften, in diesem Jahr sind es schon acht.

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