Wahlen in den Niederlanden Der Rechtsruck in den Niederlanden bleibt aus

Den Haag · Das befürchtete Kopf-an-Kopf-Rennen findet nicht statt: Ministerpräsident Mark Rutte fährt einen klaren Sieg ein - auch dank einer enorm hohen Wahlbeteiligung. Der Rechtspopulist Geert Wilders landet deutlich abgeschlagen hinter ihm.

 Als habe er den Wahlsieg vorhergesehen: Ministerpräsident Mark Rutte strahlt übers ganze Gesicht, als er zur Stimmabgabe am Wahllokal in Den Haag eintrifft.

Als habe er den Wahlsieg vorhergesehen: Ministerpräsident Mark Rutte strahlt übers ganze Gesicht, als er zur Stimmabgabe am Wahllokal in Den Haag eintrifft.

Foto: dpa

Es ist der Abend der Überraschungen. Lange bevor die amtlichen Ergebnisse in der vergangenen Nacht vorlagen, stand der erste Wahlsieger schon fest: die niederländischen Bürger selbst. 81 Prozent der Wahlberechtigten gingen zu den Urnen, zeitweise bildeten sich lange Schlangen an den Stimmlokalen, die auf Schiffen, in Windmühlen und Museen eingerichtet worden waren. Diese unerwartet hohe Wahlbeteiligung sorgte für eine politische Sensation, weil der erwartete Rechtsruck ausblieb.

Premier Mark Rutte ist der strahlende Wahlsieger. Kein Abstand von nur wenigen Prozent oder gar ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Rechtspopulisten Geert Wilders. Der Islam-Gegner landet sogar deutlich abgeschlagen hinter ihm. Größter Wahlgewinner dürfte das grün-linke Bündnis sein. Als Verlierer des Tages stehen die Sozialdemokraten fest, aus deren Reihen unter anderem Finanzminister und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem kommt.

Dass der alte und neue Premierminister die Lorbeeren seines harten Durchgreifens gegen zwei türkische Minister am Wochenende geerntet hat, liegt auf der Hand. Mark Rutte, hieß es in ersten Analysen, habe deshalb so deutlich zulegen können, weil er in der Migrationspolitik eben nicht versucht hatte, Wilders und seine strikte Ausgrenzungspolitik zu kopieren. Stattdessen präsentierte der Ministerpräsident sich als ein Mann, der ein Programm für alle Probleme des Landes in der Tasche hat. Zwei Milliarden Euro will er in das Gesundheitssystem stecken, Tausende neue Jobs in der Alten- und Krankenpflege schaffen, den Etat weiter sanieren und den schleichenden Verlust fester Arbeitsverhältnisse stoppen.

Die endgültige Gewichtsverteilung im niederländischen Parlament stand gestern Abend noch nicht fest. Nach mehreren Pannen mit Wahlcomputern bei den Urnengängen bis 2009 war das Land wieder zu handgeschriebenen Stimmzetteln zurückgekehrt, deren Felder mit einem roten Buntstift ausgefüllt werden mussten und die am Ende von Hand gezählt wurden.

Dennoch war schon kurz nach dem Schließen der Wahllokale und den ersten Prognosen klar: Auch wenn sich die Stimmenanteile der Parteien noch verschieben sollten - an dem klaren Sieg Ruttes und dem Abstand zu Wahlverlierer Geert Wilders würde sich nicht mehr viel ändern können.

Dennoch braucht Rutte Partner, um in der 150 Sitze zählenden "Tweeden Kammer" eine stabile Mehrheit zu bekommen.

Bis zu vier Parteien dürften dafür nötig sein - das kristallisierte sich am Abend heraus. Vermutlich wird der Premier sich bemühen, eine erneute Mitte-Rechts-Koalition mit Christdemokarten und der liberalen D66 zusammenzubekommen. Auch eine erneute Beteiligung der Sozialdemokraten scheint nicht ausgeschlossen, so dass vielleicht sogar Dijsselbloem sein Amt in Den Haag und Brüssel behalten könnte.

Beobachter in Den Haag würdigten in einem ersten Schritt aber vor allem die europäische Bedeutung des Ergebnisses. Ein Sprecher der alten und neuen Regierungspartei VVD von Mark Rutte meinte sogar voller Euphorie: "Diese Wahl könnte das Ende des Höhenfluges der Populisten auch in Europa sein."

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