Vorwahlkampf in den USA Clinton nimmt Trump ins Visier

Miami · Der Milliardär ist auf Erfolgskurs, leistet sich beim Thema Wirtschaft aber Schwächen. Republikaner liebäugeln mittlerweile mit einem Putsch gegen den ungeliebten Außenseiter.

Donald Trump gegen Hillary Clinton. Der brutale Instinkt-Mensch, der an der Schnittstelle zwischen Moneten und Macht über Jahrzehnte studiert hat, wie man Stimmungen ausbeutet, gegen die erfahrene Mechanikerin der Staatsgeschäfte, die als Gouverneursgattin, First Lady, Senatorin und Außenministerin kopfgesteuert durchs Leben schreitet. Seit durch die jüngsten Vorwahlen in Florida & Co. der Kampf um die Präsidentschaft bei Demokraten und Republikanern in Amerika auf ein Duell zwischen diesen beiden hinausläuft, drängt zunehmend die Frage ins Zentrum: Wie will Clinton die politische Hochkonjunktur des New Yorker Bau-Milliardärs eigentlich zum Abkühlen bringen?

Bisher lässt sich ihr Kampagnen-Apparat nicht in die Karten schauen. Und Clinton selbst hat ihre Worte über den Außenseiter immer mit viel Bedacht abgeschmeckt. „Wir müssen Amerika nicht wieder großartig machen. Amerika hat nie aufgehört, großartig zu sein. Wir müssen Amerika einen.“ Das war ihr Standard-Konter auf Trumps Wahlkampf-Slogan „Let's make America great again“.

Je näher Clinton den nötigen 2383 Delegiertenstimmen für die Nominierung kommt (derzeit hat sie rund 1500), desto mehr erwarten Wahl-Analysten, dass sie die „Angriffsflächen austestet, die Trump über Monate geboten hat“. Als da wären: Ausfälle gegen Latinos, die millionenfach abgeschoben werden und mit einer unüberwindbaren Mauer an der Grenze zu Mexiko konfrontiert werden sollen. Ausfälle gegen Muslime, die unter pauschalen Terrorverdacht gestellt werden und deshalb nicht mehr in die USA einreisen dürfen sollen. Ausfälle gegen Frauen, etwa die TV-Moderatorin Megyn Kelly, die Trump proletenhaft und sexistisch vor laufender Kamera beleidigte. „Trump bringt die Amerikaner permanent gegeneinander auf“, sagte ein Clinton-Berater auch mit Blick auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen bei Trump-Veranstaltungen, „das wird sich Hillary zunutze machen.“

Als verwundbar gilt Trump auch bei seinem Leib-und-Magen-Thema Wirtschaft. Kein Wahlkampfauftritt vergeht, auf dem der Geschäftsmann nicht über die Verlagerung von US-Industriearbeitsplätzen nach China oder Mexiko lamentiert. Verbunden mit dem Gelübde, die Jobs zurück nach Amerika zu holen und dabei notfalls einen Handelskrieg anzuzetteln. Tatsache ist, dass Trump etliche seiner lizenzierten Produkte, etwa Anzüge, in Billiglohnländern in Fernost fertigen lässt.

Trump wie Clinton haben vier Monate vor den Parteitagen in Cleveland und Philadelphia deutliche Vorsprünge bei den Delegierten. Während sich Clinton fast geräuschlos von ihrem Widersacher Bernie Sanders gelöst hat, ist die republikanische Partei wegen Trump in Agonie. Gesucht wird ein Hebel, um den Unternehmer in letzter Minute auszubooten. Für diesen Fall werde es „Krawalle“ geben, prophezeite der Unternehmer gestern im Fernsehen. „Ich repräsentiere Millionen von Menschen.“

Bei den Republikanern, die mit 17 Bewerbern gestartet waren, sind neben Trump nur noch der texanische Senator Ted Cruz und Ohios Gouverneur John Kasich politisch am Leben. Kasich konnte seinen Heimatstaat gewinnen. Das bremst Trumps Triumphzug etwas ab. Er muss in den 21 Vorwahlen bis Anfang Juni deutlich zulegen, im Schnitt auf 55 Prozent, um die nötigen 1237 Delegierten rechtzeitig vor dem Parteitag hinter sich zu bringen. Misslingt dem Rechtspopulisten das, kommt es zu einer Kampfabstimmung („brokered convention“), nach der Kandidat X den Vorzug erhält.

Dass John Kasich dieser Mann sein könnte, erscheint zweifelhaft. Der im Range eines Ministerpräsidenten anerkannte Arbeit leistende Familienvater, der Facetten von Wolfgang Clement (Wirtschaft geht vor!) und Norbert Blüm (das Soziale nicht vergessen!) in sich vereint, hat mehr Fürsprecher in der republikanischen Partei als der erzkonservativ-klerikale Ted Cruz, den viele für noch schlimmer als Trump halten. Aber Kasich kann selbst dann nicht mehr auf das nötige Quorum von 1237 Stimmen kommen, wenn er ab sofort alles abräumen würde. Er setzt darum auf einen inszenierten Putsch beim Parteitag.

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