G20-Gipfel in China Chinas neue Arroganz

Hangzhou · Gleich zu Beginn des G20-Gipfels in Hangzhou düpiert der Gastgeber die USA. Dabei ist Obama um Annäherung bemüht.

 Ernste Mienen: US-Präsident Barack Obama und Chinas Staatspräsident Xi Jinping in Hangzhou. FOTO: DPA

Ernste Mienen: US-Präsident Barack Obama und Chinas Staatspräsident Xi Jinping in Hangzhou. FOTO: DPA

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Für Angela Merkel rollten die chinesischen Gastgeber bei ihrer Ankunft den roten Teppich aus. Für die frisch gekürte britische Premierministerin Theresa May ebenso. Und selbst die geladenen Staats- und Regierungschefs, die nicht zur Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer gehören, wurden feierlich empfangen.

Nur US-Präsident Barack Obama wurde diese Ehre nicht zuteil. Erst stellten die chinesischen Sicherheitskräfte bei seiner Ankunft keine Flugzeugtreppe bereit. Obama musste hinten aus dem Notausgang der „Air Force One“ aussteigen. Und als die US-Sicherheitsberaterin Susan Rice und andere hochrangige Mitarbeiter des Weißen Hauses dann zur Präsidentenmaschine eilen wollten, stellte sich ein chinesischer Sicherheitsbeamter ruppig dazwischen und schrie sie mit den Worten an: „Das ist unser Land – das ist unser Flughafen!“ Auch die anwesenden US-Journalisten wies er an zu verschwinden.

Der Gipfel der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) in der ostchinesischen Stadt Hangzhou begann am Wochenende also mit einem diplomatischen Eklat. Darauf von Journalisten angesprochen, war Obama zwar darum bemüht, den Vorfall nicht überzubewerten. Angesichts des riesigen Apparats, den das Weiße Haus bei Besuchen auffährt, könne das „womöglich Nervosität hervorrufen“, warb Obama um Verständnis. Der Ärger war ihm dennoch anzusehen. Er betonte zugleich: „Wir lassen unsere Werte und Ideale nicht zu Hause, wenn wir diese Reisen machen.“

Die meisten US-Medien werteten den „holprigen Start“ des Besuchs als symptomatisch für die schlechten Beziehungen beider Länder. „Seht, wie schwach die USA inzwischen sind. Deren Präsident muss sogar aus dem Hintern seiner Maschine steigen“, kommentierte der langjährige US-China-Beobachter Bill Bishop den Vorfall.

Dabei wollte sich Obama zum Ende seiner Präsidentschaft gegenüber China von seiner wohlgesonnenen Seite zeigen. Gemeinsam mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping unterzeichnete er kurz vor Beginn des Gipfels das in Paris ausgehandelte Klimaschutzabkommen. Das Signal, das Obama damit von China aussenden wollte: Die beiden größten Klimasünder preschen im Klimaschutz nun gemeinsam voran.

Doch nur kurze Zeit später griff die chinesische Führung den US-Präsidenten wieder scharf an. Als Obama China um mehr Besonnenheit im Streit mit seinen Nachbarn um das Südchinesische Meer bat, sprach das chinesische Außenministerium von „unverantwortlichen Bemerkungen“ und wetterte, dass die USA gar kein Recht hätten, sich zu dem Inselstreit zu äußern. Washington habe die internationale Seerechtskonvention nicht einmal unterzeichnet. Im Juli hatte der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag Chinas Ansprüche zurückgewiesen. Und auch die geplante Stationierung eines US-Raketenabwehrsystems in Südkorea zum Schutz vor dem totalitären Nordkorea wertet Peking als Aggression, die sich gegen China richte.

Parallel zum Streit mit China ringen die USA auf dem G20-Gipfel zudem mit Russland – und zwar um eine Eindämmung des syrischen Bürgerkriegs. Obama betonte in Hangzhou, wie wichtig die Verhandlungen mit Moskau seien. „Unsere Gespräche mit den Russen sind der Schlüssel“, sagte der US-Präsident. Wenn die Russen nicht wären, könnten Assad und sein Regime ihre Offensive nicht aufrechterhalten. Denn die russische Luftwaffe bombe den Truppen des syrischen Diktators Baschar al-Assad überhaupt erst den Weg frei, gegen die Rebellen vorzugehen.

Obama geht davon aus, dass seine Unterhändler mit denen des russischen Präsidenten den ganzen Gipfel über bis Montagabend durchverhandeln werden. Am Montag sollen auch US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow zusammenkommen, um weiterzuverhandeln. „Es gibt noch tiefe Meinungsverschiedenheiten“, sagte Obama. Aber er sei zuversichtlich, dass es in Hangzhou zu einem Durchbruch kommen werde.

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