Kommentar zur Zahl der Flüchtlinge in der Welt Beschämend
Meinung · Solange es beim Thema Flucht und Vertreibung keine Fortschritte gibt, sollten wir zumindest darauf achten, dass wir die Mitmenschlichkeit im Umgang mit Flüchtlingen nicht aufgeben, kommentiert Lutz Warkalla.
Natürlich ist es richtig: Die Frage, wie wir mit Flüchtlingen umgehen, droht die Gesellschaft zu spalten, könnte die Koalition platzen lassen und ist zu einer Belastungsprobe für ganz Europa geworden – und das, obwohl die Zahl der Asylbewerber in Europa seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 kontinuierlich zurückgeht.
Doch angesichts der bedrückenden weltweiten Dimension von Flucht, Vertreibung und Migration erscheinen die Herausforderungen, denen sich Deutschland und Europa ausgesetzt sehen, in einem anderen Licht. Die Zahlen, die das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR vorgelegt hat, sind erschreckend: Mit 68,5 Millionen waren im vergangenen Jahr mehr Menschen auf der Flucht als jemals zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg.
Ist es nicht beschämend, dass die größte Last bei der Aufnahme dieser Flüchtlinge nicht die Länder tragen, die dazu am besten in der Lage wären, nämlich die reichen Länder des Westens, sondern Länder, die ohnehin mit enormen Problemen kämpfen und oft bitterarm sind? Diesen Ländern und ihrer überwältigenden Solidarität mit ihren Mitmenschen haben wir es zu verdanken, dass nicht mehr Flüchtlinge an unseren Grenzen ankommen.
Krieg und Konflikt sind die wichtigsten Triebkräfte von Flucht und Vertreibung. Deshalb bedarf es endlich mehr internationaler, friedenstiftender Kooperation statt nationaler Alleingänge, um die Exzesse der Gewalt – von Afghanistan über Syrien bis zum Kongo – zu beenden. Solange es hier keine Fortschritte gibt, sollten wir zumindest darauf achten, dass wir die Mitmenschlichkeit im Umgang mit Flüchtlingen nicht aufgeben.