Verteidigung Russland kündigt Reaktion auf Nato-Aufrüstung im Osten an

Berlin/Moskau · Truppenaufmarsch in Polen und im Baltikum: Die Nato will die Abschreckung Russlands verstärken. Die Bundeswehr ist dabei. Moskau will das nicht auf sich sitzen lassen. Die Konfliktparteien im Ukraine-Konflikt einigten sich zwischenzeitlich auf eine Waffenruhe.

 Ein Abzeichen mit der Aufschrift "Air Policing Baltikum 2015" ist auf dem Ärmel eines Bundeswehrsoldaten zu sehen.

Ein Abzeichen mit der Aufschrift "Air Policing Baltikum 2015" ist auf dem Ärmel eines Bundeswehrsoldaten zu sehen.

Foto: Luftwaffe/VAPB 2015, PAO/dpa

Die Nato treibt die Aufrüstung in den an Russland grenzenden Mitgliedstaaten weiter voran. Den Dialog mit Moskau will das Bündnis aber trotzdem aufrecht erhalten. Im Ukraine-Konflikt haben die Konfliktparteien unterdessen eine verstärkte Waffenruhe über die Maifeiertage vereinbart.

"Wir müssen immer wieder die Gesprächsfähigkeit auch herstellen und ermöglichen. Das halte ich für sehr wichtig", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigte allerdings an, mit "den notwendigen Maßnahmen" auf eine Verlegung westlicher Truppen nach Osten reagieren zu wollen.

Merkel bestätigte Nato-Überlegungen zu einer weiteren Truppenaufstockung in Polen und den baltischen Staaten. In Litauen soll eine Bundeswehrkompanie mit 150 bis 250 Soldaten ein Nato-Bataillon mit schätzungsweise 1000 Soldaten anführen. Die Entscheidung fällt auf dem Nato-Gipfel in Warschau am 8. und 9. Juli.

Die östlichen Nato-Mitglieder fühlen sich durch Russland bedroht. Das Bündnis hatte deswegen schon auf dem letzten Gipfel in Wales 2014 eine stärkere Truppenpräsenz in diesen Ländern eingeleitet. Die Bundeswehr schickt schon in diesem Jahr 5500 Soldaten in Manöver und Trainingseinsätze im Osten - 500 mehr als im Vorjahr. In Warschau soll der nächste Schritt folgen.

Die geplante Truppenverstärkung stehe im Einklang mit der Nato-Russland-Akte, betonte Merkel. Der Vertrag von 1997 sieht vor, dass die Nato auf die ständige Stationierung "substanzieller Streitkräfte" in den einstigen Mitgliedsstaaten des Warschauer Pakts oder der Sowjetunion verzichtet. Die Nato argumentiert, die Truppen im Osten würden rotieren. Außerdem hält sie die derzeitige Zahl der Nato-Soldaten im östlichen Bündnisgebiet nicht für "substanziell".

Lawrow reagierte in einem vom russischen Außenministerium verbreiteten Interview der schwedischen Zeitung "Dagens Nyheter" auf die Nato-Aktivitäten: "Wir haben immer gesagt, wenn sich militärische Infrastruktur der russischen Grenze nähert, dann werden wir selbstverständlich die notwendigen Maßnahmen ergreifen", sagte er. Das russische Militär werde seine Entscheidungen nicht auf der Basis von Nato-Erklärungen treffen, sondern anhand dessen, was es "mit den eigenen Augen" sehe.

Lawrow warf der Nato vor, die Aufrüstung bereits lange vor dem Ukraine-Konflikt beschlossen zu haben. Daher müsse Russland mit adäquaten Mitteln antworten.

Die Nato hatte erst vor gut einer Woche ihren vor zwei Jahren wegen der Ukraine-Krise ausgesetzten Dialog mit Moskau wiederaufgenommen. Beide Seiten sprachen sich nach der ersten Sitzung für eine Fortsetzung des Dialogs aus. Es gebe aber keine gemeinsamen Vorhaben, keine "positive Agenda" mit dem westlichen Bündnis, sagte der russische Botschafter Alexander Gruschko.

Ukraine-Konflikt: Die Konfliktparteien haben sich unterdessen auf eine verstärkte Waffenruhe über die Maifeiertage geeinigt. Sämtliche Kämpfe sollten von Samstag um 0.00 Uhr Ortszeit an (Freitag 23.00 Uhr MESZ) aufhören, sagte Martin Sajdik von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Die Waffenruhe solle mindestens bis zum Tag des Sieges der Sowjetunion über Hitler-Deutschland am 9. Mai eingehalten werden, sagte er nach einem Treffen der sogenannten Kontaktgruppe im weißrussischen Minsk.

In dem Gremium beraten die OSZE, Russland, die Ukraine sowie die prorussischen Separatisten über Friedensschritte für das Kriegsgebiet Donbass. Die Umsetzung des Minsker Friedensplans steckt seit Monaten in einer Sackgasse.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier forderte alle Seiten auf, die neuen Vereinbarungen strikt einzuhalten. "Beide Seiten dürfen die sich jetzt bietende Chance nicht verspielen, zu verhindern, dass die Eskalation der Gewalt ungebremst weitergeht, die Lage dann wieder außer Kontrolle gerät und noch mehr Menschen sterben müssen", erklärte Steinmeier am Freitagabend in Berlin. Deutschland hat derzeit den Vorsitz der OSZE inne.

An diesem Sonntag begehen die Christen der orthodoxen Kirchen das Osterfest. Eigens dafür soll der seit Tagen geschlossene Fußgängerübergang zwischen dem Gebiet der Aufständischen und dem der Regierung im Ort Stanyzja Luhanska wieder geöffnet werden. Sajdik hoffte, dass die Waffenruhe auch über die Maifeiertage hinaus halten wird. Frühere Vereinbarungen waren immer wieder gescheitert.

Seit dem Beginn der Kämpfe im April 2014 wurden im Donbass nach UN-Angaben mehr als 9000 Menschen getötet.

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