USA machen Iran verantwortlich Angriff auf Öltanker erhöht Kriegsgefahr am Golf

Istanbul · Ein neuer Angriff auf zwei Öltanker im Golf von Oman erhöht die Gefahr eines Krieges zwischen dem Iran und den USA. Teheran weist alle Verdächtigungen zurück.

Nach den neuen Angriffen auf Öltanker wächst die Gefahr eines Krieges zwischen dem Iran und den USA am Persischen Golf. Nur wenige Woche nach einem mutmaßlichen Haftminen-Angriff auf vier Schiffe vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) griffen Unbekannte am Donnerstag im Golf von Oman zwei Tanker an. Die Anschläge lassen die Spannungen in der Region gefährlich eskalieren. „Wir befinden uns möglicherweise in der Vorbereitung einer bewusst herbeigeführten und in Kauf genommenen militärischen Konfrontation“, sagte Carlo Masala, Experte für Internationale Politik an der Bundeswehr-Universität in München, unserer Zeitung in Istanbul.

Mit 75.000 Tonnen Schwerbenzin für die petrochemische Industrie an Bord war die norwegische „Front Altair“ am Donnerstagmorgen von den VAE in Richtung Taiwan unterwegs, als eine schwere Explosion das Schiff erschütterte. Die „Front Altair“ hatte die Straße von Hormus, das enge Nadelöhr am Ausgang des Persischen Golfes, passiert und fuhr südlich der iranischen Küste in Richtung Osten, als eine Haftmine am Rumpf des Schiffes explodierte. Solche Minen waren auch bei den Anschlägen auf vier Tanker im Mai verwendet worden. An Bord der „Front Altair“ brach Feuer aus.

Fast zur selben Zeit wurde ganz in der Nähe der Tanker „Kokuka Courageous“ getroffen, der für seine japanischen Eigner mit einer Ladung Methanol aus Saudi-Arabien nach Singapur unterwegs war. In einigen Berichten war von einem Torpedo die Rede, in anderen hieß es, auch die „Kokuka Courageous“ sei mit einer Mine angegriffen worden.

In beiden Fällen konnten sich die Mannschaften in Sicherheit bringen. Nach iranischen Angaben wurden insgesamt 44 Seeleute in die iranische Hafenstadt Jask gebracht. Eine Bestätigung lag nicht vor. Ein Sprecher der US-Marineverbände am Golf erklärte, amerikanische Kriegsschiffe seien den beiden Schiffen nach ihren Notrufen zur Hilfe geeilt.

Kurz nach den Anschlägen im Mai hatten die USA den Iran für die Gewalt verantwortlich gemacht; am Donnerstag lag von amerikanischer Seite keine Stellungnahme vor. Amerikanische Verbündete am Golf sind aber sicher, dass Teheran in der Region zündelt. Saudi-Arabien warf den Iranern am Donnerstag vor, hinter einem Drohnenangriff jemenitischer Huthi-Rebellen auf einen saudischen Flughafen vom Vortag zu stecken, bei dem 26 Menschen verletzt worden waren.

Iran weist Vorwürfe zurück

Der Iran weist alle Vorwürfe zurück. Außenminister Dschawad Sarif schrieb auf Twitter es sei mehr als merkwürdig, dass die Schiffe am Donnerstag ausgerechnet in jenem Moment angegriffen wurden, in dem der iranische Revolutionsführer Ajatollah Ali Khamenei in Teheran mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe konferierte. Nach Angaben aus Tokio waren beide Schiffe im Rahmen japanischer Aufträge unterwegs.

Ohne es auszusprechen, spielte Sarif damit auf die Möglichkeit an, dass Gegner des Iran – etwa die Saudis – versucht haben könnten, Abes Vermittlungsmission zu unterlaufen, um einen Krieg zu provozieren. Beweise dafür legte er nicht vor. Auch Hardliner in der US-Regierung wie Sicherheitsberater John Bolton stehen bei Kritikern im Verdacht, nach Vorwänden für einen Krieg gegen den Iran zu suchen. Möglich ist auch, dass Teile des iranischen Machtapparates die Anschläge verübten. Wenn das zutreffe, habe man es hier mit hybrider Kriegsführung zu tun, sagte Masala. Ähnlich wie bei den russischen Militäraktionen in der Ukraine bleibe die Gewalt unterhalb einer Schwelle, die eine genaue Zuordnung der Täterschaft ermögliche. „Das macht es für die USA extrem schwierig, Militärschläge gegen den Iran zu rechtfertigen und Verbündete zu finden.“ Als iranische Spezialisten für solche Aktionen kommen vor allem die Revolutionsgarden in Betracht.

Militärische Zusammenstöße wahrscheinlicher

Diplomatische Versuche, die Krise zwischen dem Iran und den USA zu entschärfen, stehen angesichts der Eskalation auf verlorenem Posten. Abe musste sich in Teheran von Revolutionsführer Khamenei anhören, US-Präsident Donald Trump sei einer Botschaft aus der iranischen Hauptstadt „nicht würdig“. Wenige Tage zuvor war auch Bundesaußenminister Heiko Maas mit einem Vermittlungsversuch in Teheran gescheitert.

Deshalb werden militärische Zusammenstöße wahrscheinlicher. Die USA haben in den vergangenen Wochen zusätzlich zu ihren ohnehin in der Golfregion stationierten Truppen, Luftwaffeneinheiten und Marineverbänden weitere Soldaten, Bomber und Kriegsschiffe in die Region geschickt. Der Iran verfügt über Raketen und kann mit Hilfe von Verbündeten einen möglichen Konflikt rasch ausweiten und beispielsweise auch amerikanische Soldaten in Syrien oder im Irak gefährden. Auch die US-Partner Israel, Saudi-Arabien und die VAE könnten in einen Konflikt hineingezogen werden.

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