Verteidigungs- und Innenminister in Washington Zwei Dienstreisen in die USA

WASHINGTON/WEST POINT · Manche Dinge fügen sich wunderbar praktisch. Thomas de Maizière ist zwar nicht der Bundespräsident. Aber er erfüllt für diesen Termin in Washington zwei Voraussetzungen. Erstens: Er ist hochrangig. Zweitens: Er ist gerade in der Stadt. Um eine hochrangige deutsche Beteiligung hatte das Holocaust-Museum in Washington gebeten, wenn es den 20.Jahrestag seiner Eröffnung feiert. Bundespräsident Joachim Gauck war angefragt. Doch der hatte abgesagt.

 Treffen in Washington: Thomas de Maizière und Bill Clinton gestern im Holocaust-Museum.

Treffen in Washington: Thomas de Maizière und Bill Clinton gestern im Holocaust-Museum.

Foto: dpa

Jetzt ist mit de Maizière der Bundesverteidigungsminister wie bestellt zu politischen Gesprächen am Potomac. Und wenn er schon mal da ist, dann kann er auch die deutsche Delegation anführen.

Deutschland hätte an diesem Tag auch noch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) aufbieten können, der ebenfalls in Washington ist. De Maizière und Friedrich haben sich für den Flug über den Atlantik eine Maschine geteilt. Doch bevor sie heute Abend wieder gemeinsam zurückfliegen, geht jeder seinen Terminen nach, die teilweise sogar themengleich sind: beispielsweise die hoch dramatische Lage in Syrien mit möglichen Folgerungen für die deutsche Sicherheit. Friedrich trifft unter anderem seine US-Amtskollegin, die Ministerin für Innere Sicherheit Janet Napolitano. Natürlich sind die Terroranschläge von Boston ein Thema.

Auch de Maizière ist für ein Gespräch unter Amtskollegen gebucht. Eigentlich wollte der CDU-Politiker bereits Anfang März bei seinem US-Amtskollegen im Pentagon gewesen sein. Doch da war Chuck Hagel noch nicht gewählt. Die eigenen republikanischen Parteifreunde, sofern man das in diesem Fall sagen kann, hatten die Ernennung des Republikaners Hagel als neuen US-Verteidigungsminister über Wochen blockiert.

Inzwischen aber ist der Mann im Amt. In Diensten Obamas. Und de Maizière hat wieder einen Gesprächspartner auf Augenhöhe, wenn er heute den ersten Mann im Pentagon trifft. Doch vorher ist die Feierstunde im Holocaust-Museum. Die Amerikaner haben Ex-Präsident Bill Clinton als Hauptredner aufgeboten. Der mahnt, dass sich organisierter Völkermord wie der des Holocaust niemals wiederholen dürfe. Doch die Geschichte liefere leider andere Beispiele. So seien die Kriege in Bosnien und später auch im Kosovo mit dem Ziel geführt worden, eine Bevölkerungsgruppe auszulöschen. Dieses Mal seien es europäische Moslems gewesen, die es getroffen habe, erinnert Clinton vor den Holocaust-Veteranen.

Am Abend und eine Flugstunde weiter betritt de Maizière den Boden der altehrwürdigen Militärakademie in West Point. Rund 1000 Kadettinnen und Kadetten eines Jahrgangs warten auf den deutschen Verteidigungsminister. Ein Tag in West Point ist streng getaktet. Er hat seine Rituale, die selbst hoher Besuch nicht durchbricht. So erreicht auch der Verteidigungsminister eines nicht ganz unwichtigen Nato-Partners seine Adressaten erst, wenn die Kadetten Feierabend haben. De Maizière spricht über "Auftrag und Führung demokratischer Streitkräfte". In Englisch. Ein wenig will der Minister die Offiziersanwärter von West Point auch in das deutsche Leitmotiv der Inneren Führung und des Staatsbürgers in Uniform einführen.

Er baut es so auf: "In der Demokratie gehören Sie als militärische Führer zur Elite. Mehr noch: Sie sollen eine demokratische Elite bilden." Beim Eintritt in West Point hätten die Kadetten "zwar Ihre Haarpracht abgelegt, nicht aber Ihre Rechte und Identität als US-Bürger". Deshalb gelte auch für die US-Offiziersanwärter: "Zuerst sind Sie freie Bürger, dann Soldaten. Sie sind Soldat, weil Sie Bürger sind - nicht umgekehrt. Sie funktionieren nicht, sondern Sie dienen." De Maizière liefert noch ein Zitat von George Washington, der nach den Befreiungskriegen seine Uniform mit den Worten abgestreift habe: "Als wir Soldat wurden, haben wir nicht den Bürger abgelegt." Spätestens jetzt sollten die Kadetten ihm glauben.

Einreise mit Hindernissen

Der Flug mit der Nummer GAF 838 ist schon fast abgewickelt. Um 20.59 Uhr am Sonntagabend (Ortszeit) ist der Luftwaffen-Airbus mit den beiden deutschen Bundesministern Thomas de Maizière (Verteidigung) und Hans-Peter Friedrich (Inneres) an Bord auf dem Flughafen Washington Dulles gelandet.

Normalerweise nimmt jetzt alles seinen protokollarischen Lauf. Die Wagenkolonne, die de Maizière und Friedrich plus Delegation aufnehmen soll, ist längst aufgereiht, die Gangways sind herangefahren und die Türen des Flugzeugs geöffnet. Eigentlich könnte es jetzt losgehen. Doch plötzlich stockt die Abfertigung.

Die Beamten von US-Einreise und Zoll nehmen es an diesem Abend besonders genau und lassen die deutsche Delegation nicht von Bord. Dass da die für die innere und äußere Sicherheit zuständigen Minister eines wichtigen Nato-Partners in offizieller Mission anreisen, interessiert die US-Kontrolleure nicht.

Okay, die Minister allein hätten aussteigen dürfen. Aber ohne Delegation? No way! Dafür soll die begleitende Presse raus aus dem Flugzeug und erst einmal ihre Fingerabdrücke (alle zehn!) scannen lassen. In Bussen geht es zwei Kilometer über den Flughafen, dann scannen, und wieder zurück.

Nach einer Stunde Wartezeit im Flugzeug gibt es dann endlich grünes Licht. De Maizière und Friedrich nebst Begleittrupp dürfen nun doch amerikanischen Boden betreten.

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