Kitas in Nordrhein-Westfalen Zu wenig Geld für die Kleinen

DÜSSELDORF · Die Reformpläne für eine bessere frühkindliche Bildung in Nordrhein-Westfalen sind bei einer Expertenanhörung auf grundsätzliche Zustimmung getroffen. Kommunen, Kirchen, Eltern- und Wohlfahrtsverbände kritisierten aber die finanzielle und personelle Unterversorgung der Kitas in NRW.

Das neue Kinderbildungsgesetz (Kibiz) soll zum 1. August in Kraft treten. Ein Schwerpunkt ist die stärkere Förderung von Kleinkindern in sozial benachteiligten Regionen. Die rot-grüne Koalition will mit der Reform Erzieher entlasten und durch das Konzept "plusKita" für mehr Bildungsgerechtigkeit in schwierigen Stadtteilen sorgen.

NRW stellt 100 Millionen Euro zusätzlich für das Projekt zur Verfügung. Die Gewerkschaft Verdi sprach sich dafür aus, dass jedes Kita-Kind ein Mittagessen erhält. Aus Sicht des Landschaftsverbandes Rheinland ist eine verbindliche Teilnahme am Mittagessen aber nicht finanziell abgedeckt.

Das Katholische Büro und Verdi verlangten landesweit einheitliche Elternbeiträge. Es sei unzumutbar, wenn in den ärmsten Kommunen Beiträge erhoben würden, "reiche" Städte wie Düsseldorf aber keine Elternbeiträge erheben.

Nach dem Wegfall des Sprachtests für Vierjährige "Delfin 4" sollen künftig die Erzieher die Sprachentwicklung der Kinder im Alltag beobachten. Der FDP-Abgeordnete Marcel Hafke warnte vor einem "Praxisschock" bei der Umsetzung durch zeitlich überlastete Erzieher.

Elternvertreter sprachen sich zudem für längere und flexible Öffnungszeiten in Kitas aus, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Nach Angaben der Landeselternverbände werden bei den Über-Dreijährigen in der Regel 45 Wochenstunden Betreuung gebucht. In NRW gibt es derzeit 155 000 Kitaplätze für Unter-Dreijährige und 455 000 Plätze für Kinder zwischen drei und sechs Jahren.

Der CDU-Abgeordnete Bernhard Tenhumberg warnte vor einem zu hohen Verwaltungsaufwand der Träger für die Abrechnung von "plusKitas", Sprachförderung und Verfügungspauschalen. SPD-Experte Wolfgang Jörg bedauerte, dass die frühkindliche Bildung bundesweit unterfinanziert ist.

Jörg forderte eine Neuregelung, wonach Bund, Land und Kommunen zu jeweils einem Drittel für zusätzliche Aufgaben zahlen sollen. Andrea Asch (Grüne) appellierte an den Bund, die im schwarz-roten Koalitionsvertrag zugesagten sechs Milliarden Euro für die frühkindliche Bildung schnell freizugeben.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband NRW fürchtet das Aus für viele Kitas durch Insolvenz. Mit zusätzlich 100 Millionen Euro jährliche Förderung durch das Land NRW könnten eine Entlastung des Personals, die Sprachförderung und mehr Hilfe für benachteiligte Kinder nicht finanziert werden. Landesgeschäftsführer Hermann Zaum beklagte eine Unterfinanzierung der NRW-Kitas von rund 500 Millionen Euro im Jahr.

Experten äußerten die Sorge, dass aufgrund des späten Gesetzgebungsverfahrens bis August keine ausreichende Zahl an Erziehern eingestellt werden könne. Außerdem drohe in einzelnen Kitas eine Überbelegung, wenn Eltern eine wohnortnahe Betreuung suchten. Die Gewerkschaft GEW vermisste im Gesetzentwurf eine konkrete Festlegung der Gruppengrößen und Personalausstattung.

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