Kommentar zur Flut von Asylklagen bei Verwaltungsgerichten Zeitversetzte Krise

Meinung | Bonn · Mit dem dramatischen Anstieg der Flüchtlingszahlen hätten sich die Justizministerien der Länder an fünf Fingern abzählen können, dass auch die Zahl der Asylklagen in die Höhe schnellt. Und die Gerichte personell entsprechend ausstatten können.

 Das Verwaltungsgericht in Köln.

Das Verwaltungsgericht in Köln.

Foto: picture alliance / dpa

Die Klage ist die gleiche, einerlei, wohin man schaut: Verwaltungsrichter in Stuttgart, Berlin, Düsseldorf oder Köln fühlen sich überrollt von einer Verfahrensflut. Beispiel Köln: Seit 2015 hat sich die Zahl der Eingänge glatt verdoppelt, von 12 000 im Jahr 2015 auf prognostizierte 24 000 am Ende des laufenden Jahres. Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf den sprunghaften Anstieg der Zahl von Einsprüchen gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Mit zweijähriger Verzögerung wird die europäische Flüchtlingskrise zur Krise der deutschen Verwaltungsgerichte.

Dass Flüchtlinge die Möglichkeit haben, Bamf-Entscheidungen vor Gericht anzufechten, ist das, was auch jedem Bürger zusteht: Verwaltungshandeln gerichtlich überprüfen zu lassen. Gutes Recht also, im Wortsinn.

Deshalb kommt die Verfahrenswelle auch nicht überraschend. Mit dem dramatischen Anstieg der Flüchtlingszahlen hätten sich die Justizministerien der Länder an fünf Fingern abzählen können, dass auch die Zahl der Asylklagen in die Höhe schnellt. Und die Gerichte personell entsprechend ausstatten können. Dass dies nun zeitversetzt erfolgt, ist für den Mittelständler, der sich aktuell mit dem Amt um eine Baugenehmigung für eine neue Halle streitet, oder die Eltern, die einen Kindergartenplatz einklagen wollen, kein Trost. Sie werden mit Verzögerungen bei Gerichtsterminen rechnen müssen. Eine angemessene Daseinsvorsorge des Staats für die Funktionsfähigkeit eines wichtigen Zweigs seiner Judikative sieht anders aus.

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