Reform der EU "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg"

BERLIN · Gleich geht es Angela Merkel und David Cameron um die EU, um Reformen, aber vorher muss noch ein deutliches Wort zum skandalumtosten Fußballweltverband Fifa sein. Auch so ein Reformfall.

 Alles ist offen: Premier David Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern vor der Presse in Berlin.

Alles ist offen: Premier David Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern vor der Presse in Berlin.

Foto: AFP

Fußballfreunden wie Merkel und Cameron ist nicht egal, wenn Fifa-Funktionäre diesen Weltsport verkaufen und dabei die Hand aufhalten. Der britische Premierminister, nach seiner Wiederwahl gestern offiziell auf Antrittsbesuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin, spricht zur Fifa mit ihrem höchst umstrittenen Dauerpräsidenten Joseph Blatter an der Spitze in wunderbarer Klarheit: "Ich finde, er sollte gehen." Man erlebe leider gerade die "die hässliche Seite eines schönen Spiels". Bundeskanzlerin Merkel verkneift sich eine Forderung nach einem Abgang Blatters. Aber klar doch, die Fifa müsse mit der Korruption brechen, wieder Transparenz leben.

Der Gast aus London hat dann noch eine Reformidee, eine sehr spezielle: alles, bloß kein Elfmeterschießen mehr. Davon hat Cameron, in diesem Fall mehr Engländer als Brite, genug. In zwei Halbfinals, 1990 bei der WM in Italien und 1996 bei der EM im eigenen Land, hat England im Elfmeterschießen gegen Deutschland verloren. Deutschland gewann danach jedes Mal das Finale. Künftig, sagt Cameron, müsse eben so lange gespielt werden, bis das entscheidende Tor falle. "Sudden death", plötzlicher Tod, nennen sie eine solche Entscheidung.

In gut einer Woche werden sich Merkel und Cameron mit den Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Italien, Japan, den USA und aus Kanada beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau wiedersehen. Gastgeberin Merkel und Cameron arbeiten sich bei ihrem gut einstündigen Treffen in Berlin auch durch die Gipfelagenda, ebenso wie sie über den Krieg in der Ukraine, den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat und das Flüchtlingselend im Mittelmeer beraten. Vor allem aber ist der Gast aus London auf Werbetour in eigener Sache. Spätestens 2017 will der britische Premier seine Landsleute über den Verbleib in der EU abstimmen lassen.

Merkel betont: "Von deutscher Seite haben wir die klare Hoffnung, dass Großbritannien Mitglied der Europäischen Union bleibt." Die Kanzlerin ist zum Erreichen dieses Zieles bereit, den Briten entgegenzukommen. Sogar eine Änderung des europäischen Vertragswerkes schließt sie dazu nicht aus. An der Form soll es nicht scheitern. Ob am Ende eine Änderung des Vertrages von Lissabon, eine Sekundarrechtsänderung oder schlicht nur eine Resolution stehe, das werde man sehen. "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg", sagt Merkel. Wichtig sei, dass Großbritannien in der EU bleibe.

Cameron, der vor seinem Halt in Berlin seine Tour durch die wichtigen Hauptstädte mit Stopps in Den Haag, Paris und Warschau begonnen hatte, sieht es ähnlich. Eine "magische Lösung" werde es nicht geben. Aber: "Die EU wird in jeden Fall besser dastehen, wenn Großbritannien Mitglied bleibt", ist er überzeugt.

Der Brite will eine Reform der EU erreichen, mit Merkel gemeinsam den Freihandel vorantreiben und Anreize für Bürger anderer EU-Staaten eingrenzen, beispielsweise wegen besserer Sozialleistungen nach Großbritannien oder Deutschland zu kommen. In Warschau hatte Cameron damit keinen Erfolg. Ministerpräsidentin Ewa Kopacz wehrte sich gegen mögliche "Diskriminierungen" von Polen und anderen EU-Bürgern, die legal in Großbritannien lebten, und kündigte Widerstand gegen Camerons Pläne an.

Merkel will erst einmal in Ruhe verhandeln. Für sie stehe "das sachlich-inhaltlich Notwendige" im Vordergrund, bleibt die Bundeskanzlerin bewusst abstrakt, will sich aber eben auch die Möglichkeit zur Änderung des Vertrages von Lissabon offenhalten. Europa der zwei Geschwindigkeiten? Kein Problem für Merkel und Cameron. Dies gebe es heute schon. Im Zweifel wird verhandelt bis zur Entscheidung. Aber bitte: kein Elfmeterschießen. Cameron hat damit seine ganz eigene Erfahrung.

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