Bienen und eine neue EU-Richtlinie Wird der Honig mit gentechnisch veränderten Pollen verunreinigt?

BRÜSSEL/WACHTBERG · Ob Akazien- oder Waldhonig - was die Bienen den Menschen hinterlassen, gilt weithin als natürlich, gesund und frei von schädlichen Inhaltsstoffen. Doch diesen Ruf ruiniert eine neue EU-Richtlinie gründlich, die der zuständige Umweltausschuss des Europäischen Parlaments auch noch gebilligt und damit ein dickes Loch in die bisherigen eigenen Kennzeichnungsvorschriften gerissen hat.

 Biene im Anflug: Die EU sorgt sich um den Honig.

Biene im Anflug: Die EU sorgt sich um den Honig.

Foto: dpa

Es geht um Honig und seine - Zutaten? Oder doch Bestandteile? Denn genau das ist die Frage. Da sich Bienen erfahrungsgemäß wenig um europäische Richtlinien scheren, sammeln sie Pollen, wo auch immer sie welche finden. Zumindest theoretisch könnten auch solche von gentechnisch veränderten Pflanzen darunter sein.

Für diesen Fall hatte der Europäische Gerichtshof 2011 einen entsprechenden Hinweis auf dem Glas verlangt. Das passte der Kommission nicht, die daraufhin vorschlug, Pollen nicht länger als "Zutat", sondern als "natürlichen Bestandteil" zu definieren. Ein Kniff mit weitreichenden Folgen: Der Pollenanteil im Honig liegt bei 0,5 Prozent. Selbst wenn also die gesamten Pollen in einem Honig-Glas gentechnisch verändert sind, wäre die Schwelle von 0,9 Prozent im Endprodukt, ab der ein Lebensmittel in der EU als "gentechnisch verändert" deklariert werden muss, nicht überschritten.

Der Streit hat - so scheint es - vor allem theoretische Züge, da in der EU mit Ausnahme von Spanien keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut werden. Noch nicht, denn die Maissorte 1507, die besonders resistent gegen Insekten ist, steht kurz vor der Zulassung.

Für den Deutschen Imkerbund eine "Zumutung". Er kündigte deshalb in Wachtberg an, Klage beim Bundesverfassungsgericht zu erheben, um zu erreichen, dass zwischen Feldern mit Agro-Technik und den Bienenstöcken große Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen. Die Rede ist von bis zu zehn Kilometern. Für Entwarnung gibt es dennoch keinen Grund, denn der Brüsseler Trick, den die Parlamentsexperten abgesegnet haben, wird sehr wohl gentechnisch veränderter Honig auf die deutschen Frühstückstische bringen.

Schließlich befreit er auch ausländische Honig-Lieferanten von der Pflicht, auf ihren Produkten Warnhinweise anzubringen. Schließlich werden, so heißt es bei Verbraucherschützern, in den USA, China und Kanada gentechnisch veränderte Pflanzen in großem Stil angebaut. Von dort importierter Honig dürfte also wahrscheinlich entsprechend verunreinigte Pollen enthalten.

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