Interview mit der NRW-Spitzenkandidatin der Piraten "Wir bilden Koalitionen nach Themen"

Neumarkt · Die NRW-Spitzenkandidatin der Piraten für den Bundestag, Melanie Kalkowski, über gehypte Umfragen und Transparenz in der Politik.

 "Ich sehe uns in der Opposition", sagt Melanie Kalkowski.

"Ich sehe uns in der Opposition", sagt Melanie Kalkowski.

Foto: dpa

Frau Kalkowski, Piratenparteichef Bernd Schlömer hat vor dem Parteitag gesagt, den Piraten fehlten "Kraft und Motivation für den Wahlkampf". Was ist los auf dem Piratenschiff?
Melanie Kalkowski: Mir fehlt die Motivation jedenfalls nicht. Und ich hoffe, dass die Reaktionen der Basis auch genau das gezeigt haben: Piraten können wahlkämpfen. Wir glauben an uns und wir können den Einzug in den Bundestag schaffen.

Rot-Rot-Grün und Schwarz-Gelb schwören sich gerade auf einen Lagerwahlkampf ein. Wo stehen die Piraten?
Kalkowski: Wir arbeiten nach Themen, nicht nach festgefügten Koalitionen. Das ist auch der Grund, warum unsere Abgeordneten nicht dem Fraktionszwang unterliegen. Sie entscheiden frei. Das gehört zu unserem Selbstverständnis. Wir wollen keinen Kuhhandel.

Links oder Rechts - das Muster zieht bei Ihnen nicht?
Kalkowski: Wir passen nicht in ein solches Schema. Und ganz ehrlich: Ich sehe uns ganz klar in der Opposition. Da stellt sich die Koalitionsfrage nicht.

Mit welchen Themen wollen Sie in Nordrhein-Westfalen punkten?
Kalkowski: Wir wollen die Antikorruptionsgesetze umsetzen und uns dafür einsetzen, dass die UN-Konvention gegen Korruption endlich ratifiziert wird. Abgeordnetenbestechung muss unter Strafe gestellt werden, und der Deutsche Bundestag braucht endlich ein verbindliches Lobbyregister. Dies alles würde zu mehr Transparenz auch bei der Entstehung von Gesetzen beitragen.

Die Piratenpartei ist mit ziemlich viel Rückenwind von den Wählern in vier Landtage, darunter NRW, gewählt worden. Inzwischen haben sie Gegenwind. Was ist los?
Kalkowski: Die Umfragewerte von 13 und 14 Prozent für uns waren doch gehypt und gepuscht. Von den Demoskopen. Das wäre auch eine Aufgabe der aufgeklärten Presse, dies zu hinterfragen.

Das tun wir gerade!
Kalkowski: Ich sage Ihnen, wir haben Themen, die viele Menschen beschäftigen. Transparenz geht alle an. Wir bilden Koalitionen nach Themen, nicht nach Farben. Und wir sind neu. Wir wagen, was andere sich nicht mehr trauen.

Reden Sie zu viel in virtuellen Foren und zu wenig im persönlichen Kontakt?
Kalkowski: Überhaupt nicht. Wir stehen für mehr direkte Demokratie. Dazu nutzen wir auch virtuelle Foren und eine Beteiligungssoftware, bei der jeder, der es will, sich auch aktiv einschalten kann, ohne zusätzliche Termine zu haben. Wir vernetzen uns einfach.

Der Ärger im eigenen Bundesvorstand hat die Partei nicht zufällig blockiert?
Kalkowski: Es gab viel shitstorm auch gegen einzelne Personen. Das hat nicht geholfen. Aber wir haben uns hier in Neumarkt ein Wahlprogramm gegeben und ein Stück weit auch neu aufgestellt. Am Abend des 22. September wollen wir ein Wahlergebnis mit einer Fünf vor dem Komma haben. Das ist unser Ziel. Dafür arbeiten wir.

Zur Person

Melanie Kalkowski ist 35 Jahre alt, Diplom-Finanzwirtin und kommt aus Marl im Ruhrgebiet. Sie ist seit November 2011 Mitglied der Piratenpartei.

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