Kommentar zu CDU/CSU Wiederannäherung

Meinung | Nürnberg · Es geht um nichts weniger als um die politische Existenz der beiden Parteichefs Merkel und Seehofer. GA-Redakteur Holger Möhle kommentiert den CSU-Parteitag.

 Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) neben dem bayerischen Finanzminister Markus Söder, CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (verdeckt) und dem CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer.

Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) neben dem bayerischen Finanzminister Markus Söder, CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (verdeckt) und dem CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer.

Foto: dpa

Jetzt haben sich alle wieder lieb. Familienzusammenführung ist ein hartes Stück Arbeit. Nach einer viel beachteten Auszeit vor einem Jahr, als Angela Merkel erstmals in ihrer Zeit als Bundeskanzlerin nicht bei einem CSU-Parteitag sprach, ist die CDU-Vorsitzende nun bei der Schwesterpartei wieder ein – irgendwie erwünschter – Gast. Die Turbulenzen und Verstimmungen von 2016, als sich Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer nach offizieller Lesart darauf verständigten, es sei besser, wenn Merkel nicht beim CSU-Parteitag auftrete, ist zwar nicht vergessen, aber doch Vergangenheit.

Jetzt wollen die beiden über eineinhalb Jahre wegen grundlegender Differenzen in der Flüchtlingspolitik zerstrittenen „Schwestern“ mit ihrer Operation „Burgfrieden“ zwei Ziele erreichen: eine möglichst stabile Regierung im Bund installieren und in der Folge der neuen Geschlossenheit möglichst auch die absolute Mehrheit der CSU bei der Landtagswahl im kommenden Jahr in Bayern verteidigen.

Nun gut, Merkel und Seehofer werden in diesem Leben keine Freunde mehr. Dies gilt sehr viel stärker noch für Seehofer und seinen designierten Nachfolger als Ministerpräsident, Markus Söder. Parteifreunde sind in bestimmten Fällen vor allem eines: Kontrahenten. Seehofer trägt schwer daran, dass es ihm nicht gelungen ist, Söder zu verhindern. Dies ist eine der bittersten Niederlagen seiner politischen Karriere.

Wenn jemand einen Weg gewusst hätte, Söder den Weg in die Staatskanzlei zu verstellen, dann Seehofer. Doch in diesem Fall haben alle Tricks und Kniffe nichts genutzt, weil sich Söder über Jahre mit großer Ausdauer in den CSU-Bezirksverbänden und vor allem in der Landtagsfraktion bestens vernetzt hat. Und Seehofer die Niederlage bei der Bundestagswahl zugerechnet wird.

Verglichen mit dem Verhältnis Seehofer/Söder sind Seehofer und Merkel wieder auf dem Weg einer Wiederannäherung. Sie sind beide nach den verheerenden Einbußen bei der Bundestagswahl angeschlagen, sie brauchen sich, sie werden nur zusammen die Neuauflage einer großen Koalition schaffen – oder daran scheitern. Geschlossenheit ist in den Unionsparteien eine große Tugend. Eine Tugend, die in den zurückliegenden 18 Monaten schwer unter die Räder gekommen ist. Die CSU-Strategen hoffen erst einmal auf den Weihnachtsfrieden von Nürnberg.

Vor allem nach innen. Das wäre nach Wochen der Turbulenzen, der gescheiterten Jamaika-Sondierungen und des Machtkampfes bis zur letzten Patrone in der CSU schon viel. Seehofer und Söder beschwören Teamgeist und Verantwortungsgemeinschaft, Merkel und Seehofer wollen gleichfalls ihr Mannschaftsspiel wieder ans Laufen bringen. Sie sind Verwandtschaft, aber eben auch Schicksalsgemeinschaft. Es geht um nichts weniger als um die politische Existenz der beiden Parteichefs Merkel und Seehofer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Sehr viele Stühle: Der Bundestag soll
Nicht ohne Nachteil
Kommentar zur WahlrechtsreformNicht ohne Nachteil
Zum Thema
Susanne Ebner, London,
zum britischen Asylpakt
Zu kurz gedacht
Kommentar zum britischen Asylpakt mit RuandaZu kurz gedacht
Bekenntnis zur Truppe
Kommentar zum Veteranentag Bekenntnis zur Truppe
Aus dem Ressort
Nagelprobe
Kommentar zum Polizeieinsatz zu Silvester Nagelprobe