Prozess gegen Marco G. "Wie man in Mutters Küche eine Bombe baut"

DÜSSELDORF · Während nun immer mittwochs und donnerstags im Prozess gegen Karolina R. verhandelt wird, ist der aufwendig abgeschirmte Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts (OLG) montags und dienstags bis auf weiteres für die Hauptverhandlung gegen den mutmaßlichen Bonner Bombenleger Marco G. und seine drei Mitangeklagten reserviert.

Dem Quartett wird vorgeworfen, gemeinschaftlich ein Mordkomplott gegen den Pro-NRW-Chef Markus Beisicht geplant und vorbereitet zu haben.

Hier standen an den beiden jüngsten Hauptverhandlungstagen Beweismittel im Mittelpunkt, die vor allem den Hauptangeklagten schwer belasten könnten. Er soll es gewesen sein, der am 10. Dezember 2012 den Sprengsatz an Gleis 1 des Bonner Hauptbahnhofs abgestellt hatte, der nicht explodierte.

Nun wurde ein Beamter des Bundeskriminalamtes vernommen. Befragt wurde er zu Dateien, die bei der Durchsuchung von G.s Wohnung am Memelweg in Neu-Tannenbusch auf einem USB-Stick gefunden wurden. Auf dem Datenträger befanden sich Anleitungen zum Bombenbau. Eine Beschreibung trug den Titel "How to make a bomb in the kitchen of your mother". Wie man also in der Küche seiner Mutter eine Bombe bauen kann, vermittelte die Lektüre ebenso wie andere Dateien und E-Mails in denen die Notwendigkeit von Attentaten religiös und ideologisch ausführlich begründet wird.

Als Quellen dienten dabei Texte aus dem Al-Kaida-Magazin "Inspire" sowie Audio- und Video-Botschaften von Islamisten wie den Bonner Brüdern Yassin und Mounir Chouka, die 2007 ins afghanisch-pakistanische Grenzgebiet ausgereist waren und von dort aus Propaganda verbreiteten. In einem Videofilm wurde zudem erläutert, dass die Koran-Verteilung unter dem Motto "Lies!" auf deutschen Straßen ein "Zeichen der Barmherzigkeit" gewesen sei, mit dem die Deutschen "aus der Dunkelheit zum Licht" geführt werden sollten. Dieser Prozess wird am Montag, der gegen Karolina R. - er ist vorerst bis Ende April terminiert - heute fortgesetzt.

Anhängig sind die beiden Prozesse vor dem fünften und dem sechsten Strafsenat des OLG. Sie sind die so genannten Staatsschutzsenate und damit für schwere staatsgefährdende Straftaten oder die Unterstützung terroristischer Vereinigungen im Ausland zuständig. Die Besonderheit: Sie werden - für ein Oberlandesgericht ungewöhnlich - erstinstanzlich tätig, und sie sind die einzigen Kammern in ganz Nordrhein-Westfalen mit dieser Zuständigkeit.

Vor dem Hintergrund der zuletzt zunehmenden Zahl an Festnahmen in der islamistischen Szene - zuletzt in der vergangenen Woche in Dinslaken - könnte künftig noch mehr Arbeit auf die beiden Senate zukommen. Derzeit reiche die Kapazität aus, zwischenzeitlich habe man zur Unterstützung Hilfssenate eingerichtet, sagte OLG-Sprecher Andreas Vitek gestern auf Anfrage des General-Anzeigers. So sei die Berufung eines dritten Staatsschutzsenats derzeit allenfalls Theorie. "Wir haben noch keine Anhaltspunkte, dass dies erforderlich wird, sind aber gedanklich darauf vorbereitet, entsprechend reagieren zu müssen", erklärte der Gerichtssprecher.

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