Westerwelle mahnt in Ägypten Religionsfreiheit an

Kairo · Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat bei seinem Ägypten-Besuch den Schutz der christlichen Minderheit angemahnt. Die staatlichen Stellen müssten die Religionsausübung der etwa acht Millionen Kopten gewährleisten, forderte er bei einem Besuch der Altstadt von Kairo.

Außenminister Westerwelle (M) vor einer koptischen Kirche in Kairo. Foto: Amel Pain

Außenminister Westerwelle (M) vor einer koptischen Kirche in Kairo. Foto: Amel Pain

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"Das ist ein Kernanliegen von uns." Gleichzeitig warb Westerwelle für Offenheit gegenüber islamisch-demokratischen Parteien. Die islamisch-konservativen Muslimbrüder und die radikal-islamischen Salafisten stellen im neugewählten ägyptischen Parlament mehr als 70 Prozent der Abgeordneten.

Westerwelle ist zum dritten Mal seit dem Sturz des langjährigen Präsidenten Husni Mubarak in Ägypten, um sich ein Bild von der Lage ein Jahr nach der Revolution zu machen. Bewusst besuchte er zum Auftakt des zweitägigen Aufenthalts das koptische Viertel. "Es ist wichtig, dass alle Religionen eine Chance haben, ihren Glauben auszuüben", sagte Westerwelle. "Es geht um religiöse Pluralität insgesamt."

Im vergangenen Jahr hatte es zahlreiche Tote bei Straßenschlachten zwischen Christen und Muslimen gegeben. Im Mai setzten Muslime eine koptische Kirche in Brand. Bei den anschließenden Straßenschlachten zwischen Muslimen und Christen wurden mindestens 12 Menschen getötet. Im Oktober starben bei Kämpfen zwischen Christen, Soldaten und muslimischen Schlägertrupps mindestens 26 Menschen.

Westerwelle wandte sich in Kairo erneut gegen die im Westen weit verbreitete Skepsis gegenüber islamischen Parteien. "Es war nicht zu erwarten, dass aus dem Arabischen Frühling eine Parteienlandschaft hervorgeht, wie wir sie bei uns in Europa haben", sagte der FDP-Politiker. Islamisch-demokratische Parteien seien von vielen Menschen angenommen worden. Allerdings müssten sie für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Pluralität, religiöse Toleranz und die Wahrung des inneren und äußeren Friedens stehen. "Per se die Behauptung aufzustellen, dass islamische Religion und Demokratie und auch friedliche Pluralität sich ausschließen, das halte ich für unangemessen."

Noch am Montag wollte Westerwelle mit dem Vorsitzenden der islamisch-konservativen Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, Mohammed Morsi, zusammentreffen. Die aus der Muslimbruderschaft hervorgegangene Partei ist mit 47 Prozent der Sitze die mit Abstand stärkste Kraft im neu gewählten Parlament. Die radikal-islamischen Salafisten stellen ein Viertel der Parlamentarier.

Mit dem Vorsitzenden des regierenden Militärrats, Mohammed Hussein Tantawi, und Vertretern der Übergangsregierung will sich Westerwelle erst am Dienstag treffen. Der Außenminister hatte seine fünftägige Nahost-Reise am Sonntag in Jordanien begonnen. In der Hauptstadt Amman hatte er für eine UN-Sicherheitsratsresolution gegen die Gewalt in Syrien und eine Fortsetzung der Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern über die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen geworben. Am Dienstag reist Westerwelle weiter nach Israel und in die Palästinensergebiete.

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