Landesparteitag der nordrhein-westfälischen FDP Westerwelle legt die Latte hoch

NEUSS · Die Umfragen sind im Keller - im Bundestagswahlkampf aber treten die Liberalen mit breiter Brust an. "Wer sich klein macht, wird klein werden", mahnte Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Samstag auf dem Landesparteitag der nordrhein-westfälischen FDP in Neuss.

 "Lasst alle nach links wandern, wir bleiben in der Mitte", sagt Guido Westerwelle.

"Lasst alle nach links wandern, wir bleiben in der Mitte", sagt Guido Westerwelle.

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Das liberale Pfeifen im Wald gegen die Vier-Prozent-Depression: Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit. Mit 88 Prozent der Stimmen wählten die knapp 400 Delegierten Westerwelle zum Spitzenkandidaten der NRW-FDP für die Bundestagswahl. Die Nummer 1 der FDP-Landesliste legte die Latte hoch. "Ich kämpfe nicht für fünf Prozent plus x, sondern dafür, dass wir in NRW an die Zweistelligkeit herankommen."

Im Wahlkampf will der Bonner Westerwelle bei der bürgerlichen Mitte punkten. "Lasst alle nach links wandern, wir bleiben in der Mitte." Während andere Parteien dem Zeitgeist der staatlichen Bevormundung folgten, halte die FDP am Modell der Individualität fest. Die FDP setzt auf die Fortsetzung der Koalition mit der Union - will aber erst in zweiter Linie Koalitionspartner sein.

Muntermacher Westerwelle, der ein klares Bekenntnis zum Projekt Europa ablegte, erhielt viel Beifall in der Neusser Stadthalle. Unumstrittener Star der Liberalen aber bleibt FDP-Landeschef Christian Lindner. Der riss die Delegierten mit einer flammenden Philippika gegen die Grünen aus den Selbstzweifeln. "Aus Zukunftsgestaltern sind Tugendwächter geworden", keulte Lindner. Die Ökopaxe schüttelten schon den Kopf, wenn ein Kind Weizenbrötchen statt Möhren mit in die Schule bringe. Dem Leitbild der von ihm so apostrophierten "grünen Spießbürger mit dem erhobenen Zeigefinger" setzte der liberale Hoffnungsträger das blaugelbe Prinzip vom "Leben und leben lassen" entgegen.

Mangelndes Selbstbewusstsein ist Lindners Manko nicht. Drohend ernannte der FDP-Landeschef den eigenen Verband zum "Stabilitätsanker der FDP insgesamt". Wer die Trendwende im Bund erreichen wolle, schaue auf die Erfolge der NRW-FDP. "Wir haben gezeigt, wie man es dreht." Lindner bleibt zwar in der Landesliga, spielt aber in der Bundesliga eine Schlüsselrolle. Der größte Landesverband erhebt Gestaltungsansprüche. In Neuss wurde einmal mehr deutlich, dass an Lindner in der Partei auf Dauer keiner vorbei kommt. Mit 86 Prozent wurde Lindners Intimus Marco Buschmann als Generalsekretär der NRW-FDP bestätigt. Der Gelsenkirchener erhielt später auch Platz acht auf der Liste.

In freier Rede kritisierte der FDP-Landeschef schwarz-grüne Fingerübungen im Bund. Wenn die CDU vor der Bundestagswahl mit den Grünen turtele, nütze das am Ende nur den Grünen. In der NRW-Landesregierung sieht Lindner die Sozialdemokraten im Schlepptau der Grünen. "Überall bestimmen die Grünen den Kurs." Er nannte den Nichtraucherschutz, den Kanal-TÜV und das Klimaschutzgesetz.

Beim Kampf um die FDP-Landesliste wurde erbittert gekämpft. Nach der Bundestagswahl 2009 sind 20 FDP-Abgeordnete aus NRW nach Berlin gezogen. Schaffen die Liberalen im Herbst 2013 lediglich fünf Prozent, sind ihnen voraussichtlich nur zehn Plätze sicher. Hinter Westerwelle wurden Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, die stellvertretende Landesvorsitzende und Bundestagsfraktionsvize Gisela Piltz und der Haushaltsexperte Otto Fricke gewählt.

Auf Platz fünf setzte sich der Oberkritiker der teuren Griechenland-Hilfen, Frank Schäffler, erst in einer Kampfkandidatur durch. Auch Platz sechs war heiß umkämpft. Gegen den von dem Bezirksvorstand Ruhr nominierten Mathias Richter aus Recklinghausen trat der Bundestagsabgeordnete Michael Kauch aus Dortmund an, der 2003 für Jürgen Möllemann in den Bundestag nachgerückt war. Die 400 Delegierten kippten den Beschluss des Ruhr-Bezirksvorstands und wählten Kauch auf Platz sechs der Landesliste. Richter wurde auf den aussichtslosen Platz 25 gesetzt. Etwas Revolte muss schon sein bei den Liberalen.

Der Kölner FDP-Kreisvorsitzende Hans Stein steht auf Platz neun. Gabriele Molitor (Kandidatin im Kreis Euskirchen und den Städten Brühl, Erftstadt und Wesseling) wurde von den Delegierten auf Rang elf gesetzt und Jörg von Polheim aus Hückeswagen auf Platz 14. Jürgen Peter, der im östlichen Rhein-Sieg-Kreis antritt, steht auf Rang 21.

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