Querelen in der FDP Wenige Wochen vor entscheidenden Wahlen rumort es bei den Liberalen

Berlin · JuLi-Chef Becker will dem Hauen und Stechen an der Parteispitze nicht länger zusehen. Dabei macht der FDP wieder Mut, dass eine neue Umfrage sie erstmals seit vielen Monaten wieder bei fünf Prozent sieht.

 Der Vorsitzende der FDP-Jugendorganisation Junge Liberale (JuLis), Lasse Becker (r.) und der FDP-Bundesvorsitzende Philipp Rösler in Oldenburg auf dem Bundeskongress der JuLis im November 2011.

Der Vorsitzende der FDP-Jugendorganisation Junge Liberale (JuLis), Lasse Becker (r.) und der FDP-Bundesvorsitzende Philipp Rösler in Oldenburg auf dem Bundeskongress der JuLis im November 2011.

Foto: ap

Manchmal müssen es dann eben die Jungen richten. Irgendwie. Und sei es mit einem Aufruf zur Vernunft. Lasse Becker brauchte jedenfalls nicht die Zeit von Karfreitag bis Ostermontag zwischen Kreuzigung und Auferstehung, "um zu wissen, dass die FDP-Führung sich teilweise gegenseitig doof findet". Becker, Bundesvorsitzender der Jungliberalen (JuLis), sorgt sich um den Zustand der FDP. Denn knapp zwei Wochen vor dem Bundesparteitag in Karlsruhe sowie vier beziehungsweise fünf Wochen vor entscheidenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen geht es in der FDP-Spitze drunter und drüber.

Der Spitzenmann der Liberalen im nördlichsten Bundesland, Wolfgang Kubicki, bescheinigte der Parteiführung um den Vorsitzenden Philipp Rösler miserable Kommunikation und riet den Parteifreunden, die FDP "neu zu denken". Die Liberalen hätten "einige Gelegenheiten" geboten, um als "kaltherzig, neoliberal, nicht mitfühlend" dargestellt zu werden. Beispiel: die Blockade einer Finanztransaktionssteuer in der Euro-Zone.

Außerdem sei die Kommunikation der FDP mit ihren Wählern seit der Bundestagswahl 2009 "unterirdisch". Der angegriffene Rösler wehrte sich und nahm für sich in Anspruch, die FDP "inhaltlich neu ausgerichtet" zu haben. Er kritisierte seinen Vorgänger an der Parteispitze, Guido Westerwelle, ohne diesen beim Namen zu nennen. Die FDP habe sich "zu lange auf ein Thema reduziert". Liberalismus sei mehr als nur die Formel "Mehr Netto vom Brutto".

JuLi-Chef Becker will dem Hauen und Stechen an der Parteispitze nicht länger zusehen. Statt "sich mit sich selbst zu beschäftigen", sollten die FDP-Granden lieber inhaltlich punkten, so Becker gestern im Deutschlandfunk. Themen, bei denen die Partei eigene Akzente setzen könnte, gebe es genug: Betreuungsgeld, Pendlerpauschale, Aufstiegschancen, Steuervereinfachung.

Wenn Rösler nun Westerwelle kritisiere und anschließend dann Kubicki oder auch Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) "reflexartig (...) um die Ecke schauen, führt das nicht dazu, dass man besonders gut in der öffentlichen Wahrnehmung dasteht, ganz im Gegenteil (...)." Allerdings macht Becker und vermutlich der gesamten FDP wieder Mut, dass eine neue Umfrage die Partei erstmals seit vielen Monaten wieder exakt bei jener Marke taxiert, die für das politische Überleben im Bund zunächst reichen würde: fünf Prozent.

Nach historisch einmaligen 14,6 Prozent bei der Bundestagswahl 2009 ist das zwar herzlich wenig. Aber wer so lange in Umfragen unter der Fünf-Prozent-Marke gelegen ist, wie FDP-Spitzenkandidat Kubicki beklagt, für den ist dann das Erreichen dieses Wertes schon ein Erfolg.

Für JuLi-Chef Becker hat die leichte Besserung Gründe: Womöglich habe das Nein der FDP zu einer Transfergesellschaft im Falle der insolventen Drogeriemarktkette Schlecker wie auch das klare Eintreten für Joachim Gauck bei der Kandidatenkür für das Amt des Bundespräsidenten das Profil der Partei geschärft. Und genau darauf sollten sich die Liberalen "konzentrieren anstatt auf Streit".

Und weil das Spitzenpersonal im Bund so unschön miteinander umgeht, hat der JuLi-Vorsitzende noch einen guten Rat für die Parteioberen parat: Die Führungsspitze habe "durchaus Potenzial, sich als Team zu begreifen", so Becker. Rösler, Westerwelle, Kubicki und Co. werden es registriert haben.

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