Mitt Romney Wenig Fakten, keine Details

WASHINGTON · Mitt Romney schlägt einen leicht überparteilichen Ton an, den ihm aber nicht einmal seine Parteifreunde abnehmen. Dass Romney dabei erkennbar Anleihen bei Ronald Reagan nahm, verübelten ihm selbst altgediente Republikaner in konservativen Medien.

Die Konfetti-Berge sind weggeräumt, der letzte Luftballon ist geplatzt, die Musik ist aus. Mit einem Abstecher ins überschwemmte Louisiana hat der frisch gekürte republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney gestern die für einen zweistelligen Millionenaufwand aus dem Boden gestampfte Zwischenstation Tampa abgehakt und die Karawane auf das nächste Ziel verpflichtet. Der Wahlkampf in Amerika kennt kein Innehalten.

Das aber halten viele Kommentatoren nach dem dreitägigen Polit-Zauber in der Küstenstadt Floridas für notwendig. Im Mittelpunkt der Analysen nach Romneys Rede stand der Vorwurf einer "unschuldig verpackten Lüge" (Politico). Romney hatte, um moderate Wähler nicht zu verprellen und von Obama enttäuschte Wähler für sich gewogen zu stimmen, einen leicht überparteilichen Ton angeschlagen.

Dass 2008 "viele Amerikaner eine frische Begeisterung über die Möglichkeiten eines neuen Präsidenten verspürt haben", dafür habe er Verständnis, sagte der Kandidat. "Ich hätte mir gewünscht, Präsident Obama wäre erfolgreich gewesen. Weil ich will, dass Amerika erfolgreich ist."

Dass seine Partei, die Republikaner, nachweisbar seit Januar 2009 "im Kongress jeden Versuch unternahmen, Obama auch den kleinsten politischen Erfolge nicht zu gestatten" (New York Times), fiel dabei unter den Tisch.

Diese "Unaufrichtigkeit" (Los Angeles Times") fand aus Kritiker-Sicht ihre Entsprechung in der Darbietung des Plans, mit dem Romney Amerika wieder "zu alter Größe" bringen will.

[kein Linktext vorhanden]Die Ankündigung, in den ersten vier Jahren zwölf Millionen Jobs zu schaffen, sei genauso "worthülsenhaft und dürftig" (Washington Post) wie sein Fünf-Punkte-Plan, der Energieunabhängigkeit vom Ausland bis 2020 vorsieht, zudem ein besseres Bildungssystem, gerechteren Freihandel, radikalen Schuldenabbau sowie weniger Steuern und Regulierungen für Unternehmen.

Vor allem ein Satz hallt nach, mit dem sich Romney von dem 2008 mit hehren Visionen gestarteten Amtsinhaber abgrenzen wollte. "Obama hat versprochen, das Ansteigen der Weltmeere zu verlangsamen und den Planeten zu heilen", sagte Romney und machte unter ironischem Gelächter der Delegierten, von denen viele den Klimawandel für eine böswillige Erfindung von Greenpeace halten, eine Kunstpause.

Seine Fortsetzung: "Ich verspreche, Ihnen und Ihren Familien zu helfen." Wer so "großspurig bescheiden" auftrete, müsse Fakten liefern, folgerten Analysten. Romney wollte nicht liefern. Erst recht keine Details.

[kein Linktext vorhanden]Anstatt den gewaltigen Informationsbedarf über die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme zu befriedigen oder zumindest anzudeuten, wo gespart werden soll, wenn der Abbau der immensen Staatsschulden gelingen soll, bewegte sich der Multi-Millionär im Stile eines "Missionars, der sagt: Fragt nicht, folgt und vertraut mir einfach".

Dass Romney dabei erkennbar Anleihen bei Ronald Reagan nahm, verübelten ihm selbst altgediente Republikaner in konservativen Medien. Reagan hatte 1980 gegen Jimmy Carter einen großen Stich gemacht, als er die Fernseh-Nation fragte, ob es ihr heute besser gehe als vor vier Jahren. Danach warf er seine Vision eines prosperierenden Amerikas, das stark nach außen und gerecht nach innen sein sollte, an die Wand.

Bei Romney las sich die Formulierung wie aus einem Beipackzettel für politische Allergien: "Wenn sie damals Begeisterung empfanden, als sie für Barack Obama stimmten, sollten sie das nicht ebenso nun tun, wo er Präsident ist? Sie wissen, dass etwas nicht stimmt mit der Art und Weise, wie er seinen Job gemacht hat, wenn das beste Gefühl, das sie hatten, sich an dem Tag einstellte, als sie für ihn stimmten."

Wie aber Romney seinen Job machen will, welche Zukunftsvision er sich für Amerika ausgedacht hat, abseits von "Jobs, Jobs, Jobs", vermissten am Ende selbst Freunde des konservativen "Weekly Standard".

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