Pressestimmen Was die Medien zur Schweiz-Abstimmung schreiben

Berlin · Europäische Zeitungen kommentieren das Referendum für eine Begrenzung der Zuwanderung in der Schweiz. Nachfolgend eine gekürzte Zusammenstellung der Pressestimmen:

 Eine Frau liest auf einer Fähre Richtung Konstanz eine Zeitung, die titelt "Die Schweiz schottet sich ab". Foto: Felix Kästle

Eine Frau liest auf einer Fähre Richtung Konstanz eine Zeitung, die titelt "Die Schweiz schottet sich ab". Foto: Felix Kästle

Foto: DPA

SCHWEIZ

"Basler Zeitung": "Dass sie [die Bürger] offenbar bereit sind, mit den schlimmsten Konsequenzen zu leben, die darin bestehen, dass die EU die bilateralen Abkommen womöglich verwirft, zeigt, wie sehr die Menschen in diesem Land unter der Zuwanderung gelitten haben, ob aus Einbildung oder zu Recht.(...) Wir können nicht alles, was unsere Souveränität ausmacht - und dazu gehört die Zuwanderungspolitik - auf dem Altar der europäischen Integration opfern, allein um einiger wirtschaftlicher Vorteile willen."

"Neue Zürcher Zeitung": "Das Verdikt ist insofern ein Donnerschlag, als sich eine ganze Armada gegen die Einwanderungsinitiative gestemmt hatte. Die SVP (national-konservative Schweizerische Volkspartei) kämpfte einsam für ihre Sache. In welchem Ausmaß das Ja zur SVP-Initiative das schweizerisch-europäische Regelwerk ramponieren wird, lässt sich noch nicht schlüssig prognostizieren. (...) Klar ist vorerst nur, dass der Bundesrat künftig in Brüssel hartes Brot essen wird."

FRANKREICH

"L'Alsace": "Schaut man genau hin, so hat eine Mehrheit der Schweizer laut gesagt, was viele Europäer denken. In der Schweiz wie auch anderswo verbreitet sich ein Überdruss, weil Europa anscheinend nicht in der Lage ist, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und es auch nicht schafft, die Migration zu kontrollieren. Der Zorn der Schweizer ist auf jeden Fall ein sehr schlechtes Zeichen für die globale Gesundheit Europas vier Monate vor den Wahlen zum europäischen Parlament. In der Schweiz und im übrigen Europa genießt Europa nur noch ein beschränktes Vertrauen."

[kein Linktext vorhanden]"La République des Pyrénées": "In einem großen Teil der Schweiz herrscht Bestürzung, in den Städten, in den französischsprachigen Kantonen, aber auch bei den Arbeitgebern, die um die Bedeutung eingewanderter Arbeitskräfte wissen. Diese Arbeitskräfte aus dem Ausland sind ein wesentlicher Faktor des Wirtschaftswachstums der Schweiz, wo es nur 3,5 Prozent Arbeitslosigkeit gibt."

"La Charente libre": "Das Ja der Schweizer zur Schließung ihrer Grenzen steht in einer Linie mit den Abstimmungen der letzten Jahre, mit denen die Ausweisung krimineller Ausländer erlaubt oder der Bau von Minaretten verboten wurde. Diese aktive Minderheit hat Gehör gefunden, im Gegensatz zur Mehrheit im Parlament und zur Wirtschaft.

ITALIEN

"La Stampa": "Das klassische Drehbuch wird hier wieder neu aufgelegt: Die Unternehmen sind für die Zuwanderung, wie es auch die vernünftigeren Regierungen sind. Ein großer Teil der Bevölkerung aber, und das nicht nur in der Schweiz, sieht die Einwanderung als eine Bedrohung an und befürchtet einen Haufen Probleme. Der Sieg derer, die die Zuwanderung begrenzen wollen, ist also keine große Überraschung."

"Corriere della Sera": "Die Schweiz ist mit der EU durch einen Vertrag verbunden und wird das Referendum nicht ohne Verhandlungen mit Brüssel umsetzen können."

SPANIEN

"El Mundo": "Brüssel sollte diplomatische Aktionen in Gang setzen, um diese Schandtat zu stoppen."

TSCHECHIEN

"Lidove Noviny": "Es geht ein Gespenst um in Europa. Diesmal ist es nicht das Gespenst des Kommunismus, sondern das Gespenst der Zuwanderung. Die einen haben Angst vor einem starken Zufluss von Ausländern, die anderen vor dem Bau von Barrieren. Das gestrige Referendum in der Schweiz hat gezeigt, dass beide Lager fast gleich stark sind."

SCHWEDEN

"Sydsvenskan": "Die EU kann sich - darf sich diesem Schweizer Chauvinismus mit fremdenfeindlichem Einschlag nicht beugen. Die Union muss klarstellen, dass die Bewegungsfreiheit eine Grundlage der Struktur und Wertegemeinschaft der EU ist. Dass die Schweiz eine strenge Quote nicht nur für Asylsuchende, sondern auch für EU-Bürger einführt und gleichzeitig Vorteile in einer Vereinbarung mit der Union genießt, wäre schwer verdaulich."

BELGIEN

"De Standaard": "Was immer auch die wirtschaftlichen Folgen seien mögen. Brüssel bekommt den Mittelfinger gezeigt. (...) "Bereit für die Insel" schrieb die Neue Zürcher Zeitung. Das macht deutlich, welcher Illusion die Schweizer nachjagen. Und mit ihnen andere Populisten in Europa. Wenn selbst das Zusammenleben mit gut ausgebildeten Europäern nicht gelingt, dann bleibt nur die strikte Isolation."

ÖSTERREICH

"Die Presse": "Ein wenig hat sich die EU das Abstimmungsergebnis auch selbst zuzuschreiben. (\x{2026}) Die Kommission erschöpfte sich in vagen Andeutungen - und setzte sich damit schachmatt. Denn die Abstimmung muss sich so für die Eidgenossen, trotz aller Warnungen von Wirtschaft, Gewerkschaft und allen Parteien mit Ausnahme der SVP, ziemlich konsequenzenlos angefühlt haben. Da geht in der Wahlkabine der diffuse Protest gegen die massive Zuwanderung - fast jeder vierte Bewohner hat keinen Schweizer Pass - natürlich leichter von der Hand."

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