Fragen zur Nachrüstung Was Autofahrer nach dem Diesel-Gipfel wissen müssen

Berlin · Führende Politiker von Regierung und Opposition gehen davon aus, dass trotz der Zusage von Software-Updates für Millionen Autos Diesel-Fahrverbote noch nicht vom Tisch sind. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten.

 Ein Kfz-Meister lädt ein Software-Update auf einen Volkswagen.

Ein Kfz-Meister lädt ein Software-Update auf einen Volkswagen.

Foto: dpa

Wann kommt die Software-Nachrüstung?

VW, Audi, Porsche, Daimler und BMW haben zugesagt, bis Ende 2018 bei 5,3 Millionen Fahrzeugen der Abgasnormen Euro 5 und 6 Software-Updates auf eigene Kosten vorzunehmen. Das Bundesverkehrsministerium geht davon aus, dass die Hersteller jetzt die Updates für die jeweiligen Typen entwickeln und dann dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) zur Prüfung vorlegen. Nur wenn diese Prüfung ergibt, dass durch ein Update der Stickoxid-Ausstoß des Autos um mindestens 25 Prozent sinkt und sich andere Parameter im Motor nicht verändern, wird es auch genehmigt. Erst danach kann der Hersteller die Fahrzeughalter anschreiben und sie zum Update in der Werkstatt auffordern. Das wird erst in einigen Monaten passieren. Das Update dauert nur etwa eine Stunde und könnte im Rahmen einer turnusmäßigen Scheckbuch-Inspektion durchgeführt werden.

Was droht Dieselfahrern, wenn sie dem Aufruf nicht folgen und kein Update durchführen lassen?

Nur die Halter der 2,5 Millionen VW-Diesel, bei denen eine illegale Abgasreinigung bereits nachgewiesen wurde, sind zum Update gezwungen. Tun die VW-Besitzer es nicht, erhalten sie keine Tüv-Plakette mehr. Den Haltern der übrigen 2,8 Millionen Diesel droht dies nicht: Ihnen kann die Tüv-Plakette nicht entzogen werden, weil die Abgasreinigung bei ihnen nicht rechtswidrig manipuliert worden ist, wenngleich die EU-Grenzwerte deutlich überschritten werden. Deshalb kann der Verkehrsminister für sie formell auch keine Rückrufaktion anordnen.

Was passiert beim Update?

Beim Update wird eine neue Software aufgespielt, die die Steuerung des Motors verändert. Dadurch sollen Stickoxide im Abgas besser gereinigt werden, etwa schon bei tieferen Außentemperaturen. Aufgrund sogenannter „Thermofenster“ wird die Abgasreinigung bei niedrigen und mittleren Temperaturen zum Teil zurückgefahren, um den Motor nicht zusätzlich zu belasten.

Welche Spätfolgen kann ein Update haben?

„Die Folgen des Updates sind unklar und die Autobauer haben bisher keine Antwort auf diese Frage gegeben“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Auto-Experte der Uni Duisburg-Essen. „Es kann sein, dass der Kraftstoff-Verbrauch zunimmt oder die Leistung sinkt. Vielleicht sinkt die Spitzengeschwindigkeit oder die Beschleunigung.“ Es könne auch sein, dass sich Ruß-Ablagerungen im Motor bilden, die ihm langfristig schaden können.

Wer zahlt für die Folgeschäden?

Die Hersteller haben verbindlich garantiert, dass die Updates die Motoren nicht verändern dürfen, sich etwa der Kraftstoffverbrauch nicht erhöht. Kommt es dennoch zu Veränderungen an den Motorbauteilen, die von dem Update betroffen sind, gilt die Gewährleistungspflicht: Die Hersteller haften für diese Bauteile und übernehmen die Kosten einer möglichen Reparatur.

Warum baut man nicht einfach größere Adbluetanks ein?

In den Tanks ist der Harnstoff, der über einen Katalysator in den Motor gespritzt wird, um den Stickoxid-Ausstoß zu verringern. Für 15 000 Kilometer braucht man 30 Liter Adblue. Für Lkw haben die Hersteller auch Tanks solcher Größe eingebaut, für Pkw fassen sie meist nur zehn Liter. „Natürlich wäre es möglich, auch bei Pkw größere Tanks nachzurüsten, doch dazu braucht man Platz oder Bauraum, der oft nicht vorhanden ist“, sagt Dudenhöffer.

Auch die technische Nachrüstung der Motoren-Hardware ist kompliziert. Dazu gehören auch bestimmte Katalysatoren. Es gebe noch keine verfügbaren Systeme für die massenhafte Hardware-Nachrüstung, sagen Hersteller und Verkehrsministerium unisono. Die Firma Twintec Technologie GmbH in Königswinter kann zwar eine solche Lösung anbieten, doch diese funktioniert erst für wenige Fahrzeugtypen. Zudem mache die Hardware-Nachrüstung bei älteren Diesel wirtschaftlich selten Sinn, argumentieren die Hersteller. Sie würde 1500 bis 2000 Euro pro Auto kosten. Diese Ausgaben wollen die Autokonzerne vermeiden. Wenn in jedem betroffenen Diesel die Hardware nachgerüstet würde, kostete das die Konzerne 13,5 Milliarden Euro, hatte die Umwelthilfe vorgerechnet.

Was ist mit Diesel aus anderen Ländern wie Frankreich?

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil kündigte gestern an, man werde auch ausländische Hersteller ins Visier nehmen. Doch noch gelten die Vereinbarungen vom Diesel-Gipfel nicht für sie. „Peugeot und Renault, zum Teil auch Fiat haben zwar auch viele Diesel in Deutschland verkauft. Sie halten sich aber vornehm zurück“, sagte Dudenhöffer. „Sie stehen aber auf dem Standpunkt, dass ihre Wagen voll den gesetzlichen Standards entsprechen bzw. verweisen auf laufende Ermittlungen in ihren Heimatländern. Und so lange tun sie nichts.“ Freiwillige Aktionen wie die deutschen Autobauer halten sie deshalb auch für entbehrlich.

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