Zoll-Drohungen Warum Trump im Mexiko-Konflikt zurückrudert

Washington · Im Streit mit dem Nachbarland macht Donald Trump einen Rückzieher, den er als glänzenden Sieg verkauft. In Wahrheit blieb ihm keine Wahl, wenn er nicht einen Aufstand seiner Republikaner riskieren wollte.

Da war sie wieder, die Klage über die parteiischen, „korrupten“ Medien. Hätte sein Vorgänger Barack Obama die Deals geschlossen, die er unter Dach und Fach gebracht habe, wäre prompt ein nationaler Feiertag eingeführt worden, beschwerte sich Donald Trump. Was er erreicht habe, sowohl an der Grenze als auch für die Wirtschaft, dafür gebe es dagegen nicht die geringste Anerkennung, schrieb der US-Präsident in einem Tweet.

In Wahrheit hat Trump im Streit mit Mexiko einen Rückzieher gemacht, den er nachträglich als glänzenden Sieg verkauft. Hätte er Importe aus dem Nachbarland tatsächlich mit Zöllen belegt, anfangs fünf, am Ende der Eskalationsspirale 25 Prozent, hätten die bislang so zahmen Republikaner im Kongress wohl zum Aufstand geblasen. Trump, ließ eine Gruppe konservativer Senatoren die Emissäre des Weißen Hauses während des Verhandlungspokers wissen, müsse damit rechnen, dass der Senat die Zollpläne durchkreuze. Gut möglich, dass sich dort die nötige Zweidrittelmehrheit finde, um auszuhebeln, was immer die Regierung beschließe.

Für Trump wäre es eine Premiere gewesen, zugleich eine Blamage ersten Ranges. Bislang konnte er stets darauf vertrauen, dass die Parteigranden aus Angst vor der Rache der Trump-freundlichen Basis vor einer Rebellion zurückschrecken würden. Diesmal aber schien der Rubikon überschritten. Sowohl aus Agrarstaaten wie Iowa, das im Gegenzug mexikanische Zollaufschläge auf seine Maisexporte befürchtete, als auch aus Texas, dessen Wirtschaft besonders eng mit der mexikanischen verflochten ist, hagelte es Widerspruch.

Was der Präsident mit seinen Zöllen in Kauf nehme, seien de facto höhere Steuern, zu bezahlen vom amerikanischen Verbraucher, protestierte der – stramm konservative – Senator John Cornyn. „Wir halten uns doch nur selber die Pistole an den Kopf“, warnte er vor einer verhandlungstaktischen Gratwanderung. Keiner seiner Kollegen, mahnte Ted Cruz, gleichfalls Texaner, finde richtig, wie man gegenüber Mexiko zur Zollbrechstange greife.

Letzteres mag übertrieben sein, dennoch lag es maßgeblich am Druck aus den eigenen Reihen, dass Trump in letzter Minute einlenkte. Und einen Deal absegnete, den sein Stellvertreter Mike Pence vergangene Woche mit dem mexikanischen Außenminister Marcelo Ebrard ausgehandelt hatte. Vieles von dem, wozu sich eine eilends aus Mexiko-Stadt angereiste Abordnung verpflichtete, war allerdings schon vor Monaten vereinbart worden.

Der „New York Times“ zufolge sollen mexikanische Emissäre bereits im März im Ergebnis geheimer Gespräche mit Kirstjen Nielsen, der mittlerweile zurückgetretenen Heimatschutzministerin, zugesagt haben, Soldaten der Nationalgarde, einer neu gebildeten Einheit von Militär und Polizei, an die Grenze zu Guatemala zu schicken, um Migranten aus Mittelamerika aufzuhalten.

Was Trump mit lauten Fanfarenstößen verkaufe, sei lange zuvor verabredet worden, bestätigt Beto O'Rourke, Texaner aus der Grenzstadt El Paso, einer der aussichtsreicheren Präsidentschaftskandidaten der Demokraten. Womöglich werde Mexiko nun den Zeitplan der Umsetzung straffen, doch im Großen und Ganzen habe der Präsident nichts erreicht – „außer eine der wichtigsten Handelspartnerschaften der Vereinigten Staaten einem Stresstest auszusetzen“. Nie zuvor, widerspricht Kevin McAleenan, Nielsens Nachfolger an der Spitze des Homeland-Security-Ressorts, habe sich Mexiko konkret verpflichtet, 6000 Nationalgardisten an die Südgrenze zu entsenden. Erst mit seinen Zolldrohungen habe Trump die Sinne geschärft und Nägel mit Köpfen gemacht.

Eine seiner zentralen Forderungen, so berichten es amerikanische Medien, konnte er allerdings nicht durchsetzen, zumindest noch nicht. Nach seinem Konzept soll Mexiko zum „sicheren Drittstaat“ erklärt werden, was zur Folge hätte, dass Menschen aus El Salvador, Guatemala oder Honduras Asyl künftig dort beantragen müssten.

Washington könnte Zehntausende aus den genannten Staaten umgehend abschieben, statt sie wie bisher auf einen Gerichtstermin in den USA warten zu lassen. Bürgerrechtsinitiativen haben bereits präventiv Klage gegen eine solche Regelung angekündigt, während Trump zu verstehen gibt, dass er mit schnellen, positiven Entscheidungen des Nachbarlands rechne. Manches von dem, worauf man sich mit Mexiko geeinigt habe, twitterte er, müsse einstweilen vertraulich bleiben. Falls das mexikanische Parlament seine Zustimmung verweigere, schob er hinterher, würden eben Zölle verhängt.

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