Kommentar zur neuen NRW-Koalition Wünsch Dir was

Meinung · Nur mit Bürokratieabbau, einer Digitalisierungsoffensive und der Stimulierung der Wirtschaft durch die neue Koalition wird man keinen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen, kommentiert GA-Redakteur Bernd Eyermann.

 Das plant die NRW-Koalition.

Das plant die NRW-Koalition.

Foto: dpa

Als Armin Laschet und Christian Lindner noch die Anführer der beiden Oppositionsfraktionen CDU und FDP im Düsseldorfer Landtag waren, sparten sie selten mit Kritik an der rot-grünen Finanzpolitik. Ein Beispiel aus einer Debatte im Juli 2014: Nicht einen einzigen Hinweis, „wo gespart werden soll“, habe Hannelore Kraft gegeben, warf Lindner der Ministerpräsidentin vor. Laschet fügte hinzu, er habe jeden Sparwillen vermisst.

Inzwischen haben Laschet und Lindner erstens die Landtagswahl gewonnen und zweitens dreiwöchige Koalitionsverhandlungen hinter sich. Doch was die beiden gemeinsam mit ihren Delegationen ausgehandelt haben, liest sich eher wie ein Programm nach dem Motto „Wünsch Dir was“ als wie eine realistische Zielsetzung für die nächsten fünf Jahre.

Mehr Geld soll es geben für die Kommunen, die Kitas und die Hochschulen. Auch mehr Lehrer, Polizisten, Richter und Staatsanwälte einzustellen, kostet Geld. In der Tat ist in all diesen Bereichen in den vergangenen Jahren nicht genug getan worden. Doch sollten die Steuereinnahmen mal wieder geringer sprudeln, wird die schwarz-gelbe Landesregierung mit dem dicken Rotstift regieren müssen. Denn nur mit Bürokratieabbau, einer Digitalisierungsoffensive und der Stimulierung der Wirtschaft durch die neue Koalition wird man keinen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen.

Was im Blick auf die nächsten Jahre positiv stimmt, ist, wie CDU und FDP verhandelt haben: wenig streitsüchtig, dafür zielstrebig, auf Augenhöhe und mit dem Willen zum Konsens. Konflikte um Studiengebühren oder die Schleierfahndung, um Videoüberwachung oder die Sonntagsöffnung waren da keine Stolperfallen. Zugute kam beiden Partnern, dass sie ideologisch keine Widerstände zu überwinden hatten und dass bei den handelnden Personen im Kampf gegen Rot-Grün, aber auch in der vorherigen gemeinsamen Regierungsarbeit viel Sympathie füreinander gewachsen ist.

Wenn FDP-Chef Lindner meint, der Vertrag in Nordrhein-Westfalen sei keine Blaupause für Berlin, hat er natürlich recht. Dennoch haben Schwarz-Gelb in Düsseldorf – und im Übrigen auch Schwarz-Gelb-Grün in Kiel – gezeigt, wie effektiv Regierungen auf die Beine gestellt werden können. Wenn die neue NRW-Koalition jetzt noch einen guten Start in die Wahlperiode schafft, inklusive einer reibungslosen Wahl des Ministerpräsidenten, dann kann das durchaus ein Zeichen im Hinblick auf die Bundestagswahl Ende September sein: Seht her, mit Schwarz-Gelb ist wieder zu rechnen.

Vielleicht wird man in Düsseldorf in den nächsten Wochen ja auch finanzpolitisch einen größeren Realitätssinn an den Tag legen. Was in dem Zusammenhang verwundert, ist, dass die SPD keinerlei Kritik an dem Wünsch-Dir-was-Programm geübt hat. Dazu hätte sie durchaus Grund. Vielleicht ist sie aber einfach noch nicht im Oppositionsmodus angekommen.

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