Parlamentswahlen in Frankreich Vorwürfe gegen Justizminister Bayrou

Paris · Frankreichs Regierung stellt ihren Entwurf für mehr Transparenz vor. Währenddessen gibt es Betrugsvorwürfe gegen den zuständigen Justizminister.

 Justizminister Francois Bayrou.

Justizminister Francois Bayrou.

Foto: AFP

Es sollte eigentlich François Bayrous erster großer Moment im Amt des französischen Justizministers sein: Die Vorstellung eines Gesetzentwurfs zur „Moralisierung des öffentlichen Lebens“ am Mittwoch im Ministerrat, um mit ethisch fragwürdigen Praktiken in der Politik Schluss zu machen. Solche Maßnahmen für mehr Transparenz gehörten zu den Bedingungen für Bayrou als Chef der Mitte-Partei MoDem, um Emmanuel Macron im Wahlkampf seine Unterstützung zuzusichern. Zuvor hatte er sich den konservativen Repu-blikanern angenähert, bis deren Kandidat François Fillon immer tiefer im Sumpf der Vorwürfe wegen Scheinbeschäftigung seiner Frau und Kinder als parlamentarische Mitarbeiter versank.

Auf Vorschlag Bayrous hin machte Macron ein „Moralisierungs-Gesetz“ zu einem zentralen Wahlkampfversprechen, das er nun als Erstes angeht. Demnach dürfen Abgeordnete keine nahestehenden Familienangehörigen mehr als parlamentarische Assistenten anstellen und während ihres Mandates nicht mehr für private Beratungsunternehmen arbeiten. Pauschale Sonderzahlungen werden abgeschafft und Ausgaben nur nach Nachweis erstattet. Darüber hinaus ist die Abschaffung des Sondergerichtes für (ehemalige) Regierungsmitglieder geplant. Auch soll eine Obergrenze von drei aufeinanderfolgenden Mandaten gelten, außer in kleinen Kommunen.

Zudem sind neue Bestimmungen für die öffentliche Parteienfinanzierung geplant mit der Schaffung einer „Bank der Demokratie“, die Kredite vergibt und mehr Kontrolle ermöglicht.

300 000 Euro zurückfordern

Diese Maßnahmen sollen den Menschen wieder das Vertrauen in die Politik zurückgeben. Die Glaubwürdigkeit von Macrons Vorgänger François Hollande war stark erschüttert worden durch die Skandale um den Ex-Budgetminister Jérôme Cahuzac, der illegale Konten in der Schweiz hatte, oder den Kurzzeit-Staatssekretär Thomas Thévenoud, der aufgrund seiner angeblichen „administrativen Phobie“ jahrelang weder Steuern noch Strafzettel bezahlt hatte.

Während Bayrou als Hüter über Gesetz und Moral solche Affären künftig vermeiden will, sind er und seine Partei allerdings selbst unter Druck geraten. Medien zufolge ließ er seine persönliche Sekretärin teilweise als parlamentarische Mitarbeiterin der EU-Abgeordneten und heutigen Europa-Ministerin Marielle de Sarnez aus Brüssel bezahlen. Das soll nicht der einzige Fall sein. Denselben Vorwürfen steht die Front National gegenüber, von der das EU-Parlament fast 300.000 Euro zurückfordert.

Gegen MoDem laufen bereits Vorermittlungen, während Bayrou die Anschuldigungen zurückweist. Für viele ging der 66-Jährige aber zu weit, indem er bei „Radio France“ anrief, um sich über die Recherche von Journalisten zu beschweren. Seine Rechtfertigung besänftigte kaum, er habe das weder als Justizminister noch in der Funktion des Parteichefs getan – sondern als „einfacher Bürger“. Premierminister Édouard Philippe erklärte, als Minister sei man mehr als „nur ein Mann, der von seinen Leidenschaften, Launen oder seiner Empörung geleitet wird“. Dennoch unterstützt ihn die Regierung weiter ebenso wie den Macron-Vertrauten und Minister für territorialen Zusammenhalt, Richard Ferrand: Er steht im Verdacht, vor einigen Jahren als Chef einer Regional-Krankenkasse seiner Lebensgefährtin einen lukrativen Immobiliendeal zugeschanzt zu haben. In Sachen Moral herrscht noch Verbesserungsbedarf.

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