Kommentar zur Israel-Reise des Bundespräsidenten Vorteil Steinmeier

Meinung | Berlin · Nach dem Eklat beim Besuch von Außenminister Sigmar Gabriel reist nun Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Israel, der das Land gut kennt. Er war dort als Außenminister elf Mal zu Besuch.

 In den nächsten Tagen ist er wieder als Diplomat gefragt: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist nach Israel.

In den nächsten Tagen ist er wieder als Diplomat gefragt: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist nach Israel.

Foto: dpa

In den nächsten Tagen ist wieder der Diplomat in Frank-Walter Steinmeier gefragt. Wenn der Bundespräsident an diesem Samstag zu einem viertägigen Besuch in Israel und in den palästinensischen Gebieten aufbricht, betritt der frühere Außenminister aufgewühltes Gelände. Vor knapp zwei Wochen war sein Nachfolger an der Spitze des Außenamtes, Sigmar Gabriel, bei seinem Israel-Besuch von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit Missachtung gestraft worden. Netanjahu hatte Gabriel gewissermaßen ein Ultimatum gestellt: Trifft sich Gabriel mit regierungskritischen Bürgerrechtsorganisationen, fällt das Treffen mit Netanjahu aus. Gabriel gab nicht klein bei und folgte seinem Programm. Der Eklat war perfekt.

Steinmeier kennt das Terrain: Er war als Außenminister elf Mal in Israel. Und er wollte in seiner neuen Rolle als Bundespräsident sehr früh jenen Staat besuchen, dem sich Deutschland besonders verbunden fühlt. Das deutsch-israelische Verhältnis ist historisch belastet, aber es ist inzwischen auch besonders privilegiert. Es gehört zur Staatsräson jeder Bundesregierung, sich zum Existenzrecht Israels zu bekennen und dafür auch in Staaten einzutreten, die genau dies in Frage stellen. Steinmeier kommt, obwohl dies so nicht geplant war, zu einem Zeitpunkt nach Israel, wo sich nach dem jüngsten Disput die Chance bietet, die Lage zu beruhigen.

Wie das gehen soll? Natürlich kann sich ein Bundespräsident nirgendwo auf der Welt – auch in Israel nicht – vorschreiben lassen, wen er bei einem Staatsbesuch im Ausland trifft. Zur Demokratie gehört frei geäußerte Kritik an der Politik der Regierung. Netanjahu steht wegen seiner aggressiven Siedlungspolitik und dem militärischen Vorgehen in den Palästinensergebieten weltweit in der Kritik. Steinmeier wird – bei grundsätzlicher Betonung der deutsch-israelischen Freundschaft – auch damit nicht hinter dem Berg halten, sich dafür aber eine andere Bühne und andere Gesprächspartner suchen als Gabriel.

Grundsätzlich sind die Beziehungen Deutschlands zum Staat Israel zu bedeutend, als dass sie wegen eines Treffens mit Regierungskritikern ernsthaft gefährdet werden könnten. Gabriels Ausladung durch Netanjahu zeugt von jener Kompromisslosigkeit, mit welcher der israelische Ministerpräsident regiert und die einen Eintritt in die Wiederaufnahme seriöser Gespräche über eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israelis und Palästinensern so schwierig macht. Insofern kommt Steinmeier, der sich stets für eine solche Zwei-Staaten-Lösung ausgesprochen hatte, weil nur diese einen dauerhaften Frieden in Nahost ermögliche, zum richtigen Zeitpunkt. Steinmeier kann in dieser Sache – zum Wohle beider Staaten – viel gewinnen. Sein Vorteil: Netanjahu wird sich zwei Mal überlegen, ob er nach dem deutschen Außenminister nun auch noch den Bundespräsidenten düpieren will.

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