Sitz der Bundesministerien Union und SPD bekennen sich zu Berlin/Bonn-Gesetz

Berlin · Die mögliche schwarz-rote Koalition will sich in ihrem Regierungsvertrag ausdrücklich zum Berlin/Bonn-Gesetz bekennen. Wie der General-Anzeiger am Freitag aus Unterhändlerkreisen von Union und SPD erfuhr, soll dieser Verweis auf das Berlin/Bonn-Gesetz "auf jeden Fall" in den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD "reinkommen". In einem anders lautenden Medienbericht hatte es zuvor geheißen, im neuen Koalitionsvertrag werde das Bekenntnis zum Berlin/Bonn-Gesetz, das die Teilung der Sitze der Bundesministerien regelt, explizit nicht mehr erwähnt.

Der Satz steht auf Seite 111 des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und FDP für die abgelaufene 17. Legislaturperiode. Er heißt: "Wir bekennen uns zum Berlin/Bonn-Gesetz, insbesondere zu den kulturellen Verpflichtungen des Bundes." Den damals Regierenden war im Herbst 2009 die Zweiteilung des Regierungssitzes ein ausdrückliches Bekenntnis wert.

Ja zur Bundesstadt am Rhein, wo immer noch sechs Bundesministerien, darunter das Schlüsselressort Verteidigung, ihren ersten Dienstsitz haben. Mit der neuen schwarz-roten Bundesregierung, sollte sie tatsächlich zustandekommen, könnte dies anders werden. Die potenziellen Koalitionäre wollten das Berlin/Bonn-Gesetz zunächst nicht mehr ausdrücklich erwähnen, sondern sich darauf beschränken, Bonn noch als UN-Standort zu nennen, den sie stärken wollten.

Unterhändler bestätigten gestern, dass das Berlin/Bonn-Gesetz in der Arbeitsgruppe Außen und Verteidigung "am Rande" Thema gewesen sei. Der einhellige Tenor: Das Berlin/Bonn-Gesetz gilt.

Doch man könne nicht alle Gesetze, die gelten, in einen Koalitionsvertrag schreiben. Tatsächlich, so der geschilderte Eindruck, setzten Gegner der Teilung des Regierungssitzes in allen Fraktionen "auf einen schleichenden Prozess", wonach sich irgendwann doch eine Mehrheit finden könnte, das Berlin/Bonn-Gesetz zu ändern. Gegenwärtig aber gebe es "keine Chance, einen harten Beschluss gegen Bonn zu schaffen".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich in der Vergangenheit immer wieder und ausdrücklich zum Berlin/Bonn-Gesetz bekannt. Es gebe auch keinen Grund, davon abzurücken, hatte sie erklärt.

Im Dezember 2011 sagte die Bundeskanzlerin vor der Afghanistan-Konferenz in Bonn in einem Interview des General-Anzeigers: "Es gibt ein Berlin/Bonn-Gesetz, und das wird eingehalten. Die Bundesstadt hat sich in den Jahren seit dem Regierungsumzug sehr gut entwickelt, ich möchte auch, dass das so weitergeht." Soll Merkels Bekenntnis jetzt nicht mehr gelten? Vize-Regierungssprecher Georg Streiter sagte dazu gestern knapp: "Mir ist nichts anderes bekannt."

Treibende Kraft bei dem Plan, das Gesetz in einem künftigen schwarz-roten Koalitionsvertrag nicht mehr zu erwähnen, soll Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sein, selbst gebürtiger Bonner und seit Langem Wahl-Dresdner. Der Bundesverteidigungsminister hatte zurückliegend mehrfach deutlich gemacht, möglichst viele Dienstposten seines Ressorts von Bonn nach Berlin zu holen.

Teilnehmer der Arbeitsgruppe Außen und Verteidigung, die de Maizière für die Union und Frank-Walter Steinmeier für die SPD leiten, erzählen, der Verteidigungsminister habe auch dort klargestellt, er werde am Ziel festhalten, in seinem Ministerium "effiziente Strukturen" zu schaffen. Entsprechend habe de Maizière das Ansinnen, ein Bekenntnis zum Berlin/Bonn-Gesetz in dem Koalitionsvertrag aufzunehmen, abgewehrt. Zunächst erfolgreich.

Doch in der Schlussphase der Koalitionsverhandlungen zeichnet sich eine Wende ab, dass ein Bekenntnis zum Berlin/Bonn-Gesetz doch Erwähnung findet. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums konnte gestern nicht sagen, ob es Pläne für einen Gesamtumzug ihres Hauses nach Berlin in der 18. Legislaturperiode gebe.

Vor zwei Jahren noch hatten 14 Bundestagsabgeordnete aus der Region die Kanzlerin in einem offenen Brief aufgefordert, de Maizière bei dessen Umzugsplänen zu stoppen. In der nun entscheidenden Phase ihrer Gespräche über einen schwarz-roten Koalitionsvertrag wollen CDU, CSU und SPD nun offenbar doch beides: sowohl ein Ja zum Ausbau von Bonn als Standort für Einrichtungen der Vereinten Nationen wie auch ein Bekenntnis zum Berlin/Bonn-Gesetz.

Bundeskanzlerin Merkel hatte zu Bonn als UN-Standort im GA-Interview betont: "Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass etwa durch die Ansiedlung von UN-Büros in Bonn zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Deswegen werden wir in diese Richtung gemeinsam weiterarbeiten." Das macht die Bundeskanzlerin jetzt auch - in einem neuen Koalitionsvertrag.

Doch der schlichte Satz, wie er jetzt geplant ist ("Wir werden den UN-Standort Bonn stärken"), ist dem Bonner SPD-Bundestagsabgeordneten Ulrich Kelber zu wenig: "Diese Aussage reicht nicht. Bonn übernimmt als zweites bundespolitisches Zentrum und internationaler Standort Deutschlands eine wichtige nationale Aufgabe. Dies muss politisch abgesichert werden."

Inzwischen deutet sich eine Wende an. Nach Informationen aus Kreisen der Unterhändler von Union und SPD hieß es gestern Abend, das Bekenntnis zum Berlin/Bonn-Gesetz solle nun doch "auf jeden Fall reinkommen". Da wäre dann: Ende gut, alles gut.

Auszug aus dem am 26. April 1994 verabschiedeten Berlin/Bonn-Gesetz:

(1) Bundesministerien befinden sich in der Bundeshauptstadt Berlin und in der Bundesstadt Bonn. Der Bundeskanzler bestimmt die Geschäftsbereiche der Bundesminister und im Zusammenhang damit die Bundesministerien, die nach dem Umzug der Bundesregierung nach Berlin ihren Sitz in der Bundesstadt Bonn behalten.

(2) Die in der Bundesstadt Bonn verbleibenden Bundesministerien sollen auch einen Dienstsitz in der Bundeshauptstadt Berlin erhalten.

(3) Die ihren Sitz in der Bundeshauptstadt Berlin nehmenden Bundesministerien sollen auch einen Dienstsitz in der Bundesstadt Bonn behalten. Die zuständigen Bundesminister bestimmen die Teile ihres Bundesministeriums, die in der Bundesstadt Bonn verbleiben.

(4) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 sollen so gestaltet werden, dass insgesamt der größte Teil der Arbeitsplätze der Bundesministerien in der Bundesstadt Bonn erhalten bleibt.

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