Kontrovers diskutierter Text auf Homepage Ulrich Kelber greift Springer-Presse scharf an

BONN · Der Bonner SPD-Bundestagsabgeordnete sieht einen „Angriff auf die liberale Demokratie“ durch die Springer-Zeitungen „Bild“ und „Welt“. Journalisten widersprechen ihm.

Mit seinem jüngsten Berliner Informationsbrief zu Zeitungen der Springer-Presse hat der Bonner SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber eine Kontroverse in sozialen Netzwerken angestoßen und sich dafür eine Schelte bei namhaften deutschen Journalisten abgeholt. Kelber geißelt in dem auf seiner Internetseite veröffentlichten Schreiben die Berichterstattung von „Bild“ und „Welt“ als „Angriff auf die liberale Demokratie“.

Als Beispiel nennt er den „Dauerkrieg von ,Bild' und ,Welt' gegen den Mitgliederentscheid der SPD“ und sieht darin einen „Kampfauftrag“ gegen seine Partei. Höhepunkt sei die Fälschung von Unterlagen gewesen, um einen SPD-Mitgliedsantrag auf den Namen eines Hundes anzumelden. „Als ob das auf das Ergebnis einer Abstimmung von über 460.000 Mitgliedern irgendeine Auswirkung hätte“, so der Abgeordnete. Weiter schreibt Kelber: „Wichtige Themen und Auseinandersetzungen, z. B. über Wohnungspolitik, Gesundheitssystem, Bildung etc. werden durch regelrecht völkische Themenwahl verdrängt.“

Kelber: Sprachrohre für die AfD-Ideologie

Dadurch seien beide Medien, obwohl es dort auch kritische Berichte zu AfD-Politikern gebe, „Sprachrohre für die AfD-Ideologie geworden“. Die „Bild“-Zeitung sei „schon immer rassistisch, anti-liberal und populistisch“ gewesen.

Der SPD-Politiker hat dem eigenen Schreiben nach den prompten Reaktionen eine Einleitung hinzugefügt, in der er sich für eine falsche Wortwahl entschuldigt. Er erklärt, dass er die Begriffe „rassistisch“ und „völkisch“ falsch gewählt habe. Auf Anfrage des GA sagte er: „An diesen Stellen bin ich über das Ziel hinausgeschossen.“ Er bekräftigte aber seine Meinung, „Bild“ und „Welt“ würden „mit Kampagnen Politikverdrossenheit schüren und letztlich der AfD in die Hände spielen.“

Er habe mit seinem Kommentar seine Meinung als Abgeordneter gesagt und eine Debatte anstoßen wollen.Die „Bild“ reagierte auf Kelbers Brief umgehend. Auf ihrer Internetseite veröffentlichte sie einen Bericht, laut dem die Bundesregierung sich von den Aussagen Kelbers distanziere. Kelber hat den Brief allerdings nicht in seiner Funktion als Parlamentarischer Staatssekretär veröffentlicht.

Kelber wird "klassischer AfD-Stil" vorgeworfen

Zwar unterstützen einige Kommentatoren Kelbers Thesen. Führende deutsche Journalisten sprangen allerdings der Springer-Presse bei. Lorenz Maroldt, Chefredakteur des Berliner „Tagesspiegels“, twitterte: „Ein SPD-Justiz-Staatssekretär, der Verlage ,Machthaber' nennt, die Journalisten einen ,Kampfauftrag' geben, den diese selbstverständlich sofort ausführen. Was unterscheidet den eigentlich von den ,Lügenpresse'-Krakelern bei Pegida?“

Marc Felix Serrao von der „Neuen Zürcher Zeitung“ erklärte auf gleichem Weg: „Nein, Herr Staatssekretär, die liberale Demokratie bekämpft, wer derart dumpf raunend auf Medien losgeht, die er nicht mag.“ Der Chefredakteur der „Welt“, Ulf Poschardt, reagierte auf Kelbers Vorwürfe mit den Worten: „Ich finde das ekelhaft und eigentlich klassischer AfD-Stil.“

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