Weltflüchtlingstag Über 51 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht vor Gewalt

GENF · Tagelang liefen sie in glühender Hitze, nachts schliefen sie im Freien. Sie hatten kaum etwas zu essen, kaum etwas zu trinken. "Ich seufzte vor Erleichterung, als wir Erbil erreichten", sagt die 55-jährige Fakhria den Mitarbeitern des Flüchtlingshilfswerkes UNHCR in der irakischen Stadt Erbil.

Fakhria und 17 Mitglieder ihrer Familie flüchteten in der vorigen Woche innerhalb ihres Heimatlandes, dem Irak. Sie mussten ihren Wohnort Mossul Hals über Kopf verlassen, als die Terrororganisation Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS) dort einrückte.

Fakhria und ihre Familie haben den Weltflüchtlingstag am Freitag fernab ihrer Heimat erlebt - sie hausen in Erbil in einem kleinen Zimmer. Die winzige Küche teilen sie sich mit drei anderen Familien. "Ich bin alt, ich sorge mich nicht um mein Leben", sagt Fakhria. "Aber ich will nicht, dass irgendetwas meinen Enkelkindern zustößt."

Fakhrias Familie teilt das Schicksal der Flucht mit Millionen Leidensgenossen auf der ganzen Welt. Die Zahl der Geflohenen hat laut den Vereinten Nationen inzwischen den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht: Zum Jahreswechsel 2013/2014 waren mehr als 51 Millionen Männer, Frauen und Kinder vor Gewalt und Unterdrückung innerhalb und außerhalb ihres Heimatlandes auf der Flucht. Ende 2012 noch waren es rund 45 Millionen Menschen.

Warum schwillt der Strom der Unglücklichen so stark an? Es sind die vielen langanhaltenden Konflikte wie in Afghanistan, Irak, Somalia und Syrien, die immer mehr Menschen in die Flucht treiben. "Es herrscht ein gefährlicher Mangel an Frieden", warnt der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres. Die Vertriebenen müssten den Preis für die Waffengänge zahlen.

Von den mehr als 51 Millionen betroffenen Menschen waren mehr als 33 Millionen auf der Flucht im eigenen Land. Damit erreichte die Zahl der sogenannten Binnenflüchtlinge zur Jahreswende den höchsten Stand seit Beginn der statistischen Erfassung 1989. Innerhalb Syriens waren laut UNHCR Ende 2013 mit 6,5 Millionen Menschen die meisten Menschen auf der Flucht. Im Irak sind es mittlerweile Hunderttausende. Einer von ihnen ist der siebenfache Vater Taqi Ali. Auch er und seine Familie flohen vor den ISIS-Kämpfern. "Es gibt nichts Schlimmeres, als vertrieben zu sein", sagt Taqi, "alles, was wir hatten, mussten wir zurücklassen."

Auch viele "echte" Flüchtlinge warten auf Frieden und ein Ende der Unterdrückung. Als Flüchtling gilt laut Völkerrecht, wer sein Heimatland verlässt, um sich vor Gewalt und Verfolgung in Sicherheit zu bringen. Ihre Zahl lag laut dem Hilfswerk UNHCR Ende 2013 bei knapp 17 Millionen. Die meisten Flüchtlinge kamen aus Afghanistan (2,6 Millionen), dahinter folgen Syrien (2,5 Millionen) und Somalia (1,1 Millionen).

Die meisten Flüchtlinge wollen möglichst schnell in die Heimat zurückkehren. Andere Geflohene planen ihre Zukunft fern der Heimat. Sie fragen in fremden Ländern um Asyl nach, um einen festen rechtlichen Status zu erhalten. Im Jahr 2013 zählte das UNHCR 1,1 Millionen Asyl-Bewerber. Die meisten machen sich auf eigene Faust auf, um Konflikten und Elend in ihren Herkunftsländern zu entkommen. In Deutschland gingen laut UNHCR 2013 rund 110 000 individuelle Asyl-Bewerbungen ein, damit liegt Deutschland bei den Asylanfragen international auf der Spitzenposition.

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